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Quellen

So schwierig genealogische Forschungen zu den Juden von Mecklenburg zunächst auch schein mag, ist sie dank noch vorhandener Quellen nicht hoffungslos. Die Schwierigkeit liegt vor allem darin, die Quellen zu kennen und Zugang zu ihnen bekommen. Einige sind bereits digitalisiert und kostenfrei oder kostenpflichtig online einsehbar, bei anderen ist der Besuch eines Archivs unausweichlich. Bei der jüdischen Familienforschung existieren neben der Auslöschung zahlreicher Familiendaten durch den Holocaust jedoch zwei grundzusätzliche Barrieren, die in vielen Fällen eine Grenze des Machbaren bei der Erforschung des Stammbaums in Richtung der Vorfahren darstellen: die Vertreibung der Juden aus Mecklenburg am Ende der Phase der jüdischen Erstbesiedlung im Jahre 1492 und die Zeit während der Phase der jüdischen Wiederbesiedlung, als die hiesigen Juden in aller Regel bis 1813/14 noch keine erblichen Familiennamen besaßen, sondern neben ihrem Vornamen nur zusätzliche Patronyme, also meist den Vornamen ihres Vaters oder Großvaters, zur Unterscheidung verwendeten.

Zeitraum der Erstansiedlung bis 1492

Soweit man ernsthaft eine Familienverbindung zu Personen herstellen will, die in der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung gelebt haben, hat man ausgesprochen schlechte Karten. Eine Verbindung zur erst etwa 200-300 Jahre später nachfolgenden Phase der Wiederbesiedlung in genealogischer Hinsicht herzustellen, ist nahezu ausgeschlossen. Dies liegt nicht nur allein an den fehlenden Quellen dafür, sondern ist vor allem darin begründet, dass sich die hier neu ansiedelnde jüdische Bevölkerung in fast allen Fällen nicht mit der urspünglichen verwandt gewesen sein dürfte.

Einige überlieferte Legenden aus der Zeit der Erstbesiedlung, so auch der Sternberger Hostienfrevel von 1492, benennen zwar damals in Mecklenburg ansässige Juden, allerdings wurden deren Namen ohne Patronyme vermerkt, so dass diese Überlieferungen als Quelle familiengeschichtlicher Forschungen grundsätzlich ausscheiden. Gerade bei der angeblichen Sternberger Hostienschändung ist darüber hinaus unklar, wohin die Überlebenden nach der Vertreibung aus Mecklenburg geflüchtet sind. Allenfalls erst viel später angenommene erbliche Familiennamen könnten noch auf einen Ursprung der jeweiligen Familie aus Mecklenburg hinweisen, doch auch hier besteht ein hohes Risiko einer Verwechselung. Beispielsweise ist der Familienname Sternberg später durchaus unter den deutschen Juden zu finden. Es dürfte jedoch zweifelhaft sein, ob damit wirklich das Sternberg in Mecklenburg gemeint gewesen war, denn es gab darüber hinaus wesentlich größere und bedeutendere Städte gleichen Namens in der früheren Neumark und der heutigen Slowakei.

Die noch nicht vorhandenen erblichen Familiennamen sind auch das Hauptproblem bei tatsächlich noch existierenden älteren Urkunden, in denen jüdische Namen auftauchen, womit auch diese für jeden Familienforscher nahezu nutzlos sind.

Zeitraum seit der Wiederansiedlung im 17. Jahrhundert bis zur Annahme der erblichen Familiennamen 1813/14

Der Zeitraum nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs bietet dagegen durchaus Chancen, seinen Stammbaum zumindest bis ins 18. Jahrhundert noch zu vervollständigen.

Jüdische Matrikel und Seelenbücher

Erster und wichtigster Anlaufpunkt für genealogische Forschungen in dieser Zeit sind die sogenannten jüdischen Matrikel oder Seelenbücher. Wurden sämtliche Familienvorfälle wie Geburten, Heiraten und Sterbefälle der christlichen Bevölkerungen in den jeweiligen Kirchenbüchern vermerkt, erfolgte das dort für die Juden nur dann, wenn sie zum Christentum übertraten. Da diverse Behörden aus polizeilichen und steuerlichen Gründen stets über den Bestand an jüdischen Einwohnern Bescheid wissen wollten, wurden deren Familienvorfälle in speziellen Matrikeln oder Seelenbücher vermerkt, die zunächst durch die Magistrate der Orte geführt, im 19. Jahrhundert dann meist aber in die Verantwortung der Vorsteher der Israelitischen Gemeinden übergeben wurden. Diese Matrikel reichen zum Teil bis in die Anfangszeit der jüdischen Wiederbesiedlung gegen Mitte des 18. Jahrhunderts, sind aber nur lückenhaft überliefert und sind nicht mehr für jeden Ort erhalten geblieben.

Die Matrikel lagern im Landeshauptarchiv Schwerin (Signatur LHAS Rep. 10.72-3/3, Seelenbücher der jüdischen Gemeinden), sind teilweise bei ancestry.de online einsehbar. Diese Bücher wurden aber auch durch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (LDS, auch Mormonen genannt) verfilmt und können in jedem Familienforschungszentrum der Mormonen bestellt und eingesehen werden:

Gemeinde/Ort Beschreibung LDS-Film-Nr.
Jüdische Gemeinde Strelitz (Mecklenburg-Strelitz)Matrikel 1760-1923: Tote & Index 1760-1923 Grabinschriften ca. 1820-18881185018 Items 1-2
Jüdische Gemeinde Brüel (AG. Brüel, Mecklenburg)Matrikel 1787-1903: Geburten, Heiraten, Tote 1787-190368935 Item 2
Jüdische Gemeinde GadebuschMatrikel 1793-1922: Geburten, Heiraten, Tote 1793-192268935 Item 5
Jüdische Gemeinde StavenhagenMatrikel 1794-1902: Geburten, Heiraten, Tote 1848-1867
Matrikel 1794-1902: Geburten, Heiraten, Tote 1794-1902 Heiraten 1813-1884 Tote 1813-1896
68936 Item 11
1185017 Items 5-6
Jüdische Gemeinde Sternberg (AG. Sternberg, Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1806-1937: Geburten 1806-1890 Heiraten 1838-1870 Tote 1824-19371185017 Item 8
Jüdische Gemeinde KröpelinMatrikel 1810-1898: Geburten, Heiraten, Tote 1810-1840
Matrikel 1810-1898: Geburten, Heiraten, Tote 1817-1898
1185004 Item 8
68935 Item 9
Jüdische Gemeinde Neustadt (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1811-1876: Familienregister 1811-1869 Geburten 1870-1876 Heiraten 1870-1871 Tote 1874-18751185010 Item 3
Jüdische Gemeinde Ribnitz (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1812-1875: Geburten 1812-18751185012 Item 4
Jüdische Gemeinde Malchow (AG. Malchow, Mecklenburg)Matrikel 1812-1895: Geburten 1813-1895 Heiraten 1814-1877 Tote 1812-18911185006 Items 2-3
Jüdische Gemeinde DömitzMatrikel 1812-1933: Tote 1812-1848, 1867-1869, 1835-1895, 1897-1944, 1871-1884, 1849-1864 Geburten 1812-1899 Heiraten 1842-1871, 1813-1839, 1894, 18971184481 Items 3-4
Jüdische Gemeinde DargunMatrikel 1813-1874: Geburten 1821-1874 Heiraten 1813-1874 Tote 1820-18731184468 Items 4-5
Jüdische Gemeinde NeukalenMatrikel 1813-1875: Geburten 1824-1875 Heiraten 1814-1875 Tote 1813-1875
Matrikel 1813-1875: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1875
1185010 Item 2
68936 Item 3
Jüdische Gemeinde Neubukow (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1876: Geburten 1813-1876 Heiraten 1815-18751185010 Item 1
Jüdische Gemeinde CrivitzMatrikel 1813-1877: Geburten 1813-1874 Heiraten 1814-1871 Tote 1813-1877
Matrikel 1813-1877: Andere Verfilmung. Salt Lake City : Gefilmt durch the Genealogical Society of Utah, 1951. auf 1 Mikrofilmrolle, 35 mm.
1184468 Item 3
68935 Item 4
Jüdische Gemeinde Wittenburg (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1877: Geburten, Heiraten, Tote 1813-187768936 Item 12
Jüdische Gemeinde TeterowMatrikel 1813-1880: Geburten 1813-1880 Heiraten 1814-18641185018 Item 7
Jüdische Gemeinde Krakow (Mecklenburg)Matrikel 1813-1883: Geburten 1813-1874 Heiraten 1845-1873 Tote 1813-1872 Familienbuch 1819 Tote 1876-1883
Matrikel 1813-1883: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1874
1185004 Items 5-6
68935 Item 8
Jüdische Gemeinde Schwaan (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1883: Geburten 1813-1883 Heiraten 1816-1858 Tote 1814-1883
Matrikel 1813-1883: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1883
1185013 Item 5
68936 Item 10
Jüdische Gemeinde MalchinMatrikel 1813-1884: Geburten 1813-1879 Heiraten 1814-1876 Tote 1813-1884 Familienregister 1819
Matrikel 1813-1884: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1884
1185006 Item 1
68936 Item 1
Jüdische Gemeinde Tessin (AG. Tessin, Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1885: Geburten 1813-1885 Heiraten 1816-1883 Tote 1816-18851185018 Items 5-6
Jüdische Gemeinde WarenMatrikel 1813-1889: Heiraten 1814-1881 Geburten 1813-1886 Konfirmationen 1843-1871 Tote 1814-18891185023 Items 1-2
Jüdische Gemeinde Bützow (AG. Bützow, Mecklenburg)Matrikel 1813-1898: Geburten, Heiraten, Tote 1813-189868935 Item 3
Jüdische Gemeinde LübzMatrikel 1813-1907: Geburten 1815-1907 Tote 1816-1872
Matrikel 1813-1907: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1895
1185004 Item 12
68935 Item 12
Jüdische Gemeinde Laage (Mecklenburg)Matrikel 1813-1907: Geburten, Heiraten, Tote 1813-190768935 Item 10
Jüdische Gemeinde GnoienMatrikel 1813-1911: Geburten, Heiraten, Tote 1833-1911 Tote 1813-1815 Geburten 18131184496 Items 1-3
Jüdische Gemeinde Röbel (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1915: Geburten 1814-1915 Heiraten 1813-1873 Tote 1813-18741185012 Items 5-6
Jüdische Gemeinde Plau (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1813-1917: Geburten 1813-1897 Heiraten 1815-1889 Tote 1814-1913 Familienregister 1819
Matrikel 1813-1917: Geburten, Heiraten, Tote 1813-1917
1185011 Item 1
68936 Item 5
Jüdische Gemeinde Boizenburg (Elbe)Matrikel 1813-1920: Geburten, Heiraten, Tote 1813-192068935 Item 1
Jüdische Gemeinde GüstrowMatrikel 1813-1935: Geburten, Heiraten, Tote 1813-193568935 Item 7
Jüdische Gemeinde ParchimMatrikel 1813-1936: Zivilstandsregister 1936 Geburten 1813-1928 Heiraten 1814-1929 Tote 1814-1934 Index 1813-1934?1185010 Items 9-10
Jüdische Gemeinde Hagenow (AG. Hagenow, Mecklenburg)Matrikel 1813-1937: Geburten 1813-1883 Heiraten 1819-1859 Heiraten 1871-1935 Tote 1872-1937 Geburten ca. 1900? Tote 1813-18721184498 Items 1-3
Jüdische Gemeinde Rossow Dosse (AG. Röbel)Matrikel 1814-1845: Geburten, Heiraten, Tote 1814-184568936 Item 8
Jüdische Gemeinde Marlow (AG. Sülze-Marlow)Matrikel 1814-1873: Geburten 1814-1868 Heiraten 1815-1873 Tote 1814-1866
Matrikel 1814-1873: Geburten, Heiraten, Tote 1814-1866
1185007 Item 4
68936 Item 2
Jüdische Gemeinde Penzlin (AG. Penzlin)Matrikel 1814-1915: Geburten, Heiraten, Tote 1814-191568936 Item 4
Jüdische Gemeinde Goldberg (AG. Goldberg, Mecklenburg)Matrikel 1814-1916: Geburten, Heiraten, Tote 1814-1916 (Goldberg)68935 Item 6
Jüdische Gemeinde Warin (Mecklenburg)Matrikel 1815-1876: Geburten 1815-1873 Heiraten 1815-1876 Tote 1825-18751185023 Items 3-4
Jüdische Gemeinde Sülze (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1815-1904: Geburten 1815-1902 Tote 1817-1904
Matrikel 1815-1904: Geburten, Heiraten, Tote 1815-1904
1185018 Item 3
68936 Item 9
Jüdische Gemeinde Ludwigslust (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1817-1920: Geburten 1817-1910 Heiraten 1827-1895 Tote 1827-1913
Matrikel 1817-1920: Geburten, Heiraten, Tote 1827-1920
1185004 Item 11
68935 Item 11
Jüdische Gemeinde LübtheenMatrikel 1826-1900: Familienbuch ca. 1850 Geburten 1826-1877 Tote 1883-19001185004 Items 13-14
Jüdische Gemeinde Grabow (AG. Grabow, Mecklenburg)Matrikel 1835-1925: Armen-Kasse, Geburten, Tote ca. 1835-1925
Einzelurkunden 1868-1873
1184496 Item 6
1184497 Item 1
Jüdische Gemeinde Rostock (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1839-1874: Geburten, Heiraten, Tote 1839-18741185014 Item 1
Jüdische Gemeinde Demmin (KrSt. Demmin, Pommern)Matrikel 1847-1874: Geburten, Heiraten, Tote 1847-1874 (l. S.) Geburten, Heiraten, Tote 1847-1874 (r. S.)1334559 Item 1
Jüdische Gemeinde Schwerin (Mecklenburg-Schwerin)Matrikel 1849-1875: Geburten 1852-1875 Heiraten 1856-1874 Tote 1849-186968936 Item 7

Zuordnung Schutzjudennamen zu Familiennamen

Die wohl wichtigste Aufgabe bei der Familienforschung in diesem Zeitraum ist eine sichere Zuordnung der alten Schutzjudennamen bestehend aus Vornamen und Patronym und den später angenommenen Familiennamen in den Jahren 1813 und 1814 in den beiden Mecklenburg. Die vom Emanzipationsedikt vom 22. Februar 1813 geforderten Listen der angenommenen Familiennamen mussten damals nach Schwerin gemeldet werden, wurden aber bei dem Brand des Schweriner Kollegiengebäudes im Jahre 1865 vernichtet. Der Landesrabbiner Dr. Siegfried Silberstein hatte hier deswegen im 19. und 20. Jahrhundert bereits Versuche unternommen, die Meldungen aus Zweitschriften oder Veröffentlichungen zu rekonstruieren. Ihm ist das leider nicht für jeden Ort gelungen. Die noch erhaltenen Meldelistenlisten sind in der Publikation „Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg“ von Norbert Francke und Bärbel Krieger veröffentlicht worden. Zum Teil hilfreich, da sie ältere Schutzjudennamen und vereinzelt auch Hinweise zu deren Verwandschaft enthält, ist eine zweite Publikation dieser Autoren mit dem Titel „Schutzjuden in Mecklenburg“.

Zeitraum 1813 bis 1945

Soweit man Personen aus der Zeit nach der Annahme der erblichen Familiennamen sucht, hat man abhängig vom jeweiligen Ort der Suche fast immer Chancen, noch fündig zu werden.

Jüdische Matrikel und Seelenbücher

Die bereits erwähnten jüdischen Matrikel oder Seelenbücher wurden auch nach der Annahme der erblichen Familiennamen weitergeführt, nun allerdings mit den gewählten Familiennamen, was danach eine verwandtschaftliche Zuordnung zu Personen fast immer ermöglicht.

Standesamtsregister ab 1874

Ab dem Jahr 1874 steht auch für den Raum Mecklenburg dann eine zusätzliche Quelle in Form der Standesamtsverzeichnisse zur Verfügung, die die Kirchenbücher oder jüdischen Seelenbücher ablösen sollten und in denen ebenso Geburten, Heiraten, Sterbefälle und Verwandtschaftsbeziehungen erfassten wurden. Dabei muss beachtet werden, dass insbesondere die jüdischen Einwohner sich in der Anfangsphase nicht immer dort haben eintragen lassen. In dem Fall bleibt nur eine Recherche in den jüdischen Matrikeln übrig. Die Standesamtsverzeichnisse befinden sich entweder noch in den örtlichen Standesämtern oder sind bereits in die Stadtarchive überführt worden.

Archive und Ämter der Orte

Eine wahre Schatzgrube und die wohl direkteste Art nach Vorfahren zu forschen, ist ein Besuch der Stadtarchive und Standesämter der Mecklenburger Orte. Problematisch ist dabei, dass diese häufig in jüdischer Hinsicht nie gesammelt ausgewertet wurden, selbst dort nicht, wo schon Publikationen zu den Orten bestehen. Bei einer Nachfrage nach den Judenakten kann es aber gelegentlich passieren, dass die Herausgabe verweigert wird. Über die Gründe möchten wir nicht weiter spekulieren. Aufgrund der finanziellen Situation kleinerer Orte kann eine Recherche aber auch schon daran scheitern, dass es keine zuständigen Mitarbeiter für die städtischen Archivbestände gibt. In vielen Fällen halten sogar nur ehrenamtliche Helfer einen Notbetrieb am Laufen, die durch die schiere Anzahl der genealogischen Anfragen per Email oder Brief schon überfordert sind. Ein Vorortbesuch ist dort unvermeidlich.

Bereits im Vorfeld sollte man sich einen Überblick über die zu durchsuchenden Archivalien verschaffen. Außerordentlich hilfreich ist dabei das „Findbuch für Judaika in den Kreis- und Stadtarchiven Westmecklenburgs“ von Norbert Francke, Katrin Hansow und Bärbel Krieger. Wie der Titel aber schon bezeugt, deckt dieses nicht beide Mecklenburg ab.

Jüdische Seelenbücher sind in den Stadtarchiven kaum zu finden. Im Gegensatz dazu dürfte man in den Standesamtsregistern fündig werden, die seit 1874 geführt wurden. Diese lagern entweder noch vor Ort in den jeweiligen Standesämtern oder sind bereits in das örtliche Stadtarchiv überführt worden. Eine Nachfrage beim örtlichen Standesamt sollte Klarheit über den Verbleib älterer Bestände verschaffen.

Darüber hinaus versprechen aber noch weitere Quellen Funde, in denen Personen zwar zum Teil mit biografischen Daten erfasst wurden, aber kaum mit verwandtschaftlichen Verhältnissen zu anderen Personen. Dazu zählen:

  • Bürgerbücher, in denen die Aufnahme als Bürger der Stadt und die Bürgereide verzeichnet wurden
  • Stadtbücher, in denen Schulden verzeichnet wurden
  • Stadtgrund- und Hausbücher (Eigentümer/Besitzer von Häusern und Grundstücken)
  • Gewerbeverzeichnisse (Firmenan- und abmeldungen)
  • Schützenvereinslisten (Eintritte und Austritte von Mitgliedern)
  • Ausarbeitungen/Publikationen von Heimatforschern oder vereinzelt sogar Manuskripte überlebender Juden (in Stadtarchiven aber eher eine Seltenheit, siehe Bibliografie)
  • Militäreinzuglisten (sogenannten Aushebungslisten)
  • Akten aus der Zeit des Nationalsozialsmus

Von weiteaus geringerem Wert in genealogischer Sicht sind Kataster- oder Grundbuchämter. Diese sind allenfalls von Nutzen, soweit man die Lage und Adressierung von Grundstücken oder deren Eigentumsverhältnisse recherchieren will.

Heimatmuseen

Soweit man , bietet sich auch ein Besuch eines örtlichen Heimatmuseums an. Gelegentlich gibt es dort Ausarbeitungen zur jüdischen Ortsgeschichte, Manuskripte oder Publikationen (siehe Bibliografie), in jedem Falle aber sehr kompetente Mitarbeiter, die zugleich nicht selten auch Regionalhistoriker sind und weitere Hilfe bieten oder wohl die eine oder andere Geschichte erzählen könnten.

Landeshauptarchiv Schwerin

Neben einer Recherche der örtlichen Stadtarchive und Heimatmuseen ist die Quellensuche im Landeshauptarchiv Schwerin ein Muss, da dort enorme Bestände zu den Mecklenburger Juden lagern. Um sich vorher einen Überblick über die Quellen zu verschaffen, sollte man den Band 4 des Findbuches „Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer“ (Jersch-Wenzel, Steffi; Rürup, Reinhard (Hrsg.)) zu Rate ziehen. Unter den Quellen befinden sich:

  • Schutzjuden-Verzeichnisse und Steuerlisten für die frühe Zeit der jüdischen Wiederansiedlung
  • genealogische Stammbäume
  • Volkszählungslisten (Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-3/20, Statistisches Landesamt (1851-1945)), darunter vor allem die Volkszählungen:
    • Mecklenburg-Schwerin vom 10. September 1819
    • Mecklenburg-Schwerin vom 12. November 1866
    • Mecklenburg-Schwerin vom 3. Dezember 1867
    • Mecklenburg-Schwerin vom 1. Dezember 1890
    • Mecklenburg-Schwerin vom 1. Dezember 1900
    Diese sind zum Teil online einsehbar, so bei ancestry.de oder akvz.de
  • Personen-Akten
  • Gemeinde-Akten
  • Nachlässe der Rabbiner
  • Akten aus der Zeit des Nationalsozialismus (Enteignungen und „Arisierungen“)

Emigration

Besonders gegen Mitte des 19. Jahrhunderts sah Mecklenburg eine starke Ab- und vor allem Auswanderung nach Übersee. Dies betraf in verstärktem Maße auch jüdische Einwohner, da sie sich mit der Deutschen Revolution Hoffnungen auf eine rechtliche Gleichstellung gemacht hatten, diese aber mit dem Scheitern der Revolution jäh enttäuscht wurden. Um verlorene Linie wiederzufinden, bieten sich die Recherche in diversen Auswanderungs- und Einwanderungslisten an:

Nationalsozialismus & Holocaust

Während der Phase des Nationalsozialismus wurde im Jahre 1939 eine weitere Volkszählung durchgeführt, bei der alle Erfassten auf einer Ergänzungskarte ihre jüdischen Vorfahren bis hin zu allen Großeltern offenlegen mussten. Eine Online-Recherche ist in dieser Volkszählung unter tracingthepast.org möglich.

‪Soweit es um Opfer der Shoa geht, sind in den letzten Jahren bereits enorme Vorarbeiten geleistet worden, die eine Suche nach ermordeten Vorfahren auch online ermöglich. An erster Stelle ist hier Yad Vashem zu nennen, bei denen durch die Meldungen Verwandter oder ehemaliger Freunde, die Testemonies, auch weitere Daten und teilweise auch Verwandtschaftsbeziehungen wieder hergestellt werden können. In dem Zusammenhang ist auch das online einsehbare Gedenkbuch des Bundesarchivs zu nennen. Speziell für Theresienstadt bietet die Website Holocaust.cz eine unschätzbare Hilfe bei der Recherche. Soweit es die Mecklenburger Opfer angeht, verzeichnen wir diese auf unserer Website unter Holocaust-Opfer. Diese Liste wird permanent überarbeitet. Wir sind bestrebt, alle Einträge in den kommenden Jahren nochmals im Detail zu überprüfen.

Das Leo Baeck Institute in New York sammelt unter anderem ihnen vermachte Nachlässe jüdischer Familien, nicht selten Überlebender des Holocaust. Darunter befinden sich auch Sammlungen, die Mecklenburger Juden betreffen und teilweise Fotos, ganze Stammbäume oder Dokumente enthalten, die sogar bis in die Schutzjudenzeit reichen. Unter http://www.lib.org sind die digitalisierten Versionen zum Teil bereits online und kostenlos abrufbar:

Signatur Beschreibung
AR 1627Meta Gutmann collection, 1903-1948 - The story of the Jewish farm family Meinungen
AR 2394Jacob Plaut Family Collection (1920)
AR 2907Arnold Herzfeld Family Collection
AR 3248Aron Family, Frankfurt an der Oder Collection
AR 3453Mecklenburg Jewish Community Collection 1945-1998 - Folder 1-3
AR 5020Salomon George 1920-1981, Salomon Family of Friesack Collection 1765-1990
AR 5446Bonheim-Jacob Family Collection - Folder 1, 2
AR 6613Nord Family Collection
AR 6672Henriques-Hinrichsen-Josephy Families Collection
AR 7019Rudolf Jakob Simonis Collection 1749-1965
AR 10075Schwerin Jewish Community Collection (1933)
AR 10847Ivar Segalovitz Collection - Folder 1-3
AR 2054Heinrich Rosenbaum Collection, 1914–1915
AR 25165Eva Abraham-Podietz Family Collection, 1767–2004 - Box 1, Folder 5, 10
AR 3793Max Jacobson Family Collection, 1864-1946
AR 379Friederich Franz, von Gottes Gnaden Grossherzog von Mecklenburg etc
AR 3282Schutz- und Handlungs-Brief für Michael Weil zu Parchim
AR 6661Mecklenburg Archives Collection, 1800s-1947, 1993
AR 5633Pedigree of the Jacob family of Stavenhagen, Mecklenburg, Germany
AR 10404Weil Family; Neustadt Collection
AR 379 ADDENDUM 1728Liste der Kirchen-Räuber und Diebe, welche von denen zu Strelitz den 17. August 1728 gehangen 4 Erz-Dieben
AR 1960Elkan Family Collection, 1794-1934
F 7aCoins by Abraham Aaron, court medalists in Schwerin, 1776-1825
F 3155Interior of the Parchim Synagogue
F 19360Interior of the Parchim Synagogue
F 19361Laver or ritual washing unit (urn with spigot and basin on wall-mounted wood shelf); Parchim Synagogue
AR 1584Kurt Elkan Collection, 1914-1916
AR 6473Max Nord Collection, 1878-circa 1950, bulk 1878-1932
Schutzbriefe (Letters of Protection) Collection. 06 13Schutzbrief for "Handlungsgehilfen" Heymann Moses Joachim
AR 7104[From the history of our family in the diaspora] / Ernst Livneh
DM 237Löwenthal Family History : (The Chronicles of our Family in the Diaspora) Translated from the Hebrew by Jeremy Barcan, edited and footnoted...
ME 330Mein Leben und Erinnerungen, 1850-1947 (Max Jacobson)
DM 248The Nickelsburg family : (A historical sketch.)
AR 1072[Mein lieber Bruder Moses...]
AR 10696Siegfried Marcus Collection, circa 1928-1930
AR 11369[Ahnenliste Weil]
ME 685In memoriam Helene Weyl
ME 1398Memoirs, 1921-1940 (Marianne Daniel)
AR 375Wiesenthal Family Collection, 1847-1924
AR 10129Stephen Nicholls Collection, 1975-2001
AR 2564Hans J. Sachs Collection, 1844-1974
MS 933Ida Mitau’s postcard album, 1898-1938
AR 2454Paula Valk Family Collection, 1854-1874
AR 285Schutzbriefe (Letters of Protection) Collection, 1770-1813
ME 11701933-1945 (Augusta Amram)
AR 10847Anna Herzfeld Woog Family Collection, 1794-1952
AR 5482Bernhard Wolff Family Collection, 1881-1991, Bulk dates: 1938-1988
AR 10019Anneliese Riess Collection, 1882 - 2001, Bulk dates: 1933 - 1948
AR 5790Aaron-Aarons-Marcus-Philipp Families Collection, 1680-2000
AR 1249Edmund Hadra Collection, 1877-1971, Bulk: 1939-1966
AR 7002Jacob Jacobson Collection, 1660-1958
AR 6682Guide to the Records of the Leo Baeck Institute London undated, 1907-2008 (bulk 1956-2000)
AR 10664Meyersohn Family
MS 334Jews in Schwerin 1933-1945
Schutzbriefe (Letters of Protection) Collection. 06 13Schutzbrief und Privilegium auf den Handel mit rohen ausländischen Producten for Moses Rosenbaum zu Sternberg
AR 4515Der Schweriner Oberrabbiner Mordechai Jaffé : (seine Ahnen und seine Nachkommen /) ein Stammbaum bearbeitet von Moritz Stern
AR 10037Our family (Thea and Heinz Scheidt/Skyte)
ME 596[Samotschin memoirs] (Seligsohn), 1700-1915
AR 2597Richard Ehrenberg Collection, 1917
AR 1245Hugo Loewenstein Collection, 1813-1881
ME 989Without Bitterness, 1930s-1945 (Marianne Elsley)
AR 4420Guide to the American Federation of Jews from Central Europe Collection, 1942-2005 (bulk 1944-1947), Box 1, Folder 23 (Mecklenburg)

Öffentliche Stammbäume und Genealogieportale

Neben digitalisierten Dokumenten, Listen und Verzeichnissen aus anderen Quellen bieten Familieforscherportale á la ancestry.de, geni.com & Co. mehr oder weniger öffentlich einsehbare Stammbäume ihrer Mitglieder. So verlockend diese genealogischen Datensammlungen auch sind, warnen wir zumindest davor, diese Daten ungeprüft für den eigenen Stammbaum zu übernehmen. Wie wir aus eigener Erfahrung im Mecklenburger Bereich wissen, wurden dort nicht selten Verwandtschaftsbeziehungen konstruiert, einfach nur geraten oder enthalten anderweitig widersprüchliche Daten. Diese Portale begünstigen dadurch die Verbreitung solcher Datenzombies. Zu verhindern ist dies nur durch Überprüfung der Daten in den vorgenannten Quellen wie Standesamtsurkunden oder Matrikel.

Eine vielfach bessere Datenbasis enthält dagegen die Personensuche bei familysearch.org, das Familienforschungsportal der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (LDS, Mormonen).

Publikationen

Neben all den bereits genannten Quellen können auch zahlreiche Publikationen, insbesondere Bücher zu den ehemaligen jüdischen Gemeinden Mecklenburgs, Informationen zu Personen und Familien liefern. Einen recht vollständigen Überblick über den Bestand zu den Mecklenburger Juden erhalten Sie bei uns unter Bibliografie.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.02.2016)