Synagoge Crivitz

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Crivitz, Fritz-Reuter-Straße 13
Erhaltung: Gebäude als privates Wohnhaus

Geschichte der Synagoge

Die ersten gesicherten Hinweise auf ein bestehendes Gotteshaus in Crivitz stammen aus dem Jahre 1791, genauer vom 1. Juli 1791, als der Magistrat nach entsprechender Genehmigung des Herzogs der hiesigen Judengemeinde gestattete, ein Haus zur Verrichtung des Gottesdienstes anzukaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag wurde jedoch erst am 22. April 795 zwischen dem Verkäufer Secretario Henrici und dem Schutzjuden Lazarus Nathan (später Ladewig) als Vertreter der jüdische Gemeinde über zwei Häuser in der Mauerstraße, Ecke Wilhelmstraße abgeschlossen.

Mit einem weiteren Antrag der Gebrüder und Schutzjuden Lazarus und Levin Nathan (später Ladewig) aus dem Jahre 1804 wurde ein Anbau an der Synagoge beantragt, um darin eine Schule für die jüdische Gemeinde betreiben zu können. Der Antrag wurde 1805 bewilligt. Diese Räumlichkeiten wurden bis etwa 1853 als Synagoge von Crivitz genutzt.

Durch den Zuwachs der jüdischen Gemeinde reichte diese nun aber nicht mehr aus und wurde durch einen Umbau vergrößert. Langfristig war man aber an einem Neubau interessiert, so dass schon 1862 erste Planungen dazu begannen.

Das heute als ehemaliges Synagogengebäude in Crivitz bekannte und unweit des Marktes in der Fritz-Reuter-Straße 13 gelegene Haus wurde am 15. September 1864 im Beisein des Landesrabbiners eingeweiht. Es wurde bis etwa 1898 als solches genutzt.

Gemäß überlieferter Akten im Stadtarchiv Crivitz begab sich am 11. Dezember 1872 ein Crivitzer Notar auf Bitten Therese Leos (geb. Ladewigs) in ihre Wohnung, da sie ihren beiden Kindern Jacob und Therese Leo diverse Gegenstände vermachen wollte. Neben dem „Meubliment [ihrer] zwei Stuben“ befanden sich darunter auch „die in der Synagoge befindliche Thora und die dazu gehörige silberne Hand“, die sie an ihre Kinder zu gleichen Teilen unter Voraussetzung ihres lebenslänglichen Nießbrauchs verschenkte. Die hinzu gekommenen Crivitzer Zeugen Kaufmann Aaron Ladewig und Stellmacher Wilhelm Volckmann bestätigten den notariellen Vertrag, laut dem Therese ihrem Sohn Jacob auch den Schlüssel zur Synagoge übergab, damit dieser am darauffolgenden Tage die Thora aus der Synagoge holen konnte. Inwieweit es sich dabei um das Inventar der ältere Synagoge handelte, ist nicht mehr zu klären.

Dass dieses zweite Synagogengebäude die Nazizeit unbeschadet überstanden hat, ist nur dem Umstand zu verdanken, dass es bereits zuvor verkauft worden war. Die jüdische Gemeinde von Crivitz war gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch Wegzug der Gemeindemitglieder so weit geschrumpft, dass die für einen Gottesdienst notwendige Anzahl von zehn erwachsenen und männlichen Personen, der sogenannte Minjan, fehlte. Otto Ladewig, der Vertreter der jüdischen Gemeinde Crivitz, schrieb deshalb am 4. Juni 1913 an das Großherzogliche Justizministerium: „Wegen der geringen Mitgliederzahl, nämlich vier erwachsene männliche und sechs weibliche Personen, sowie drei Knaben von 4, 6 und 8 Jahren kann öffentlicher Gottesdienst nicht stattfinden.“

Am 27. Mai 1918 stellten dann die beiden letzten Gemeindemitglieder, Otto Ladewig und Eduard Jacobson, den Antrag an das zuständige Großherzogliche Ministerium, sich der Israelitischen Gemeinde Schwerin anschließen zu dürfen und das Synagogengebäude zu verkaufen. Der Anschluss an die Gemeinde in Schwerin und der Verkauf des Gebäudes wurden am 31. Mai 1918 genehmigt und der Verkauf erbrachte 4310 Mark. Nach der Wiedervereinigung wurde auf dem privaten Grundstück der ehemaligen Synagoge eine Gedenkplatte aufgestellt. Die ehemalige Synagoge ist heute ein privates Wohnhaus.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 22.09.2015)
Quellen:

  • Gramenz, Jürgen: Ladewig: Dokumentation eines jüdischen Familienverbandes aus Mecklenburg, Cardamina-Verlag, Plaidt 2013
  • Kulturausschuss der Stadt Crivitz: Die Crivitzer Synagoge: Mehr als die Geschichte eines Gebäudes. Eine Rückblende, eine Vorschau, ein Standpunkt, Crivitz Druck, W. Walkowiak, Crivitz 2005
  • Röhl, Karl-Friedrich: Die jüdische Gemeinde in Crivitz, unveröffentlichtes Manuskript
  • Stadt Crivitz: Chronik der Stadt Crivitz, 2. korrigierte Auflage, Crivitz 2001
  • Stadtarchiv Crivitz: Archivsignatur 905, Magistrat zu Crivitz, Akte betr. den Schenkungsvertrag zwischen der Wittwe Leo geb. Ladewig und ihren beiden Kindern Friedericke und Jacob Leo nach dem Ableben der Wittwe Leo.