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Kommerzienrat Louis Ladewig

(* 25. März 1865 Malchow — † 27. August 1921 Gruna b. Leipzig)

Louis Ladewig wurde als drittes Kind des Adolf Jeremias Ladewig und der Therese geb. Arnheim am 22. Dezember 1865 in Malchow geboren. Louis verließ als bereits ausgebildeter Kaufmann im Jahre 1894 seine Heimatstadt in Richtung Chemnitz.

Im Oktober 1894 gründete er mit dem nichtjüdischen Kaufmann Alfred Bachmann nach Übernahme einer bereits existierenden Kattundruckerei in der Chemnitzer Straßburger Straße 32, einem der ältesten Chemnitzer Industriegelände, die Teppichfabrik Bachmann & Ladewig KG. Bei dieser Firma handelte es sich zunächst um eine „Fabrik für Velvet- & Tapestry-Teppiche, Portiére & Decken“, schon im selben Jahr betätigte sich die Firma aber neben der Teppichweberei auch mit Textildruckerei und Färberei.

In der Anfangsphase waren noch drei weitere Fabrikanten als Kommanditisten beteiligt, wovon einer sein späterer Schwiegervater Moritz Goeritz war. Schon 1910 standen 16000 Quadratmeter Produktionsräume zur Verfügung, in denen durch 800 bis 900 Personen jährlich über eine Million Pfund Wollgarne bedruckt und etwa 500000 Quadratmeter Teppiche unterschiedlicher Art angefertigt wurden. Im Jahr 1912 wandelten sie die als Kommanditgesellschaft geführte Firma in eine Aktiengesellschaft um.

Im ersten Aufsichtsrat waren solche Persönlichkeiten wie der nichtjüdische Chemnitzer Rechtsanwalt Justizrat Moritz Beutler und der ehemalige Vorsteher der Chemnitzer Jüdischen Gemeinde Max Bergmann sowie auch Max Goeritz, der Bruder seines Schwiegervaters Moritz Goeritz.

Im Jahr 1912 hatte die Firma bereits ein Stammkapital von 1812000 RM. Die Firma leiteten beide Firmengründer bis 1913 gemeinsam, bevor Bachmann wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes ausschied. Unter der alleinigen Leitung von Louis Ladewig entwickelte sich das Unternehmen in den Kriegsjahren zu einer Firma von Weltrang. Ab 1916 begann in der zunächst gepachteten, im Jahre 1917 aber dann angekauften Zwirnerei und Papiergarnspinnerei von Rösch & Müller in Zschopau zusätzlich die Fabrikation von Papiergarnen und -geweben. 1918 erfolgte der Erwerb der Maschinenfabrik Paul Maecke im Sächsischen Limbach, die moderne Holzbearbeitungsmaschinen herstellte und später nach Chemnitz verlegt wurde. Im Jahr 1920 wurde die Firma nochmals um die Kettendruckerei Paul Salomon in Oberschöneweide erweitert, welche schließlich ebenfalls nach Chemnitz überführt wurde. Gleichzeitig wurde die zuvor angekaufte Zwirnerei nach Italien verkauft und durch eine Wollgarnspinnerei ersetzt. Zu ihren Höchstzeiten war die Firma damit ein Konglomerat aus einer Teppichfabrik mit Spinnerei-Färberei-Druckerei-Weberei und Endfertigung und einer Maschinenfabrik, die Holzbearbeitungsmaschinen und auch Webstühle erzeugte. Die angeschlossene Maschinenfabrik wurde darüber hinaus Hauptlieferant der Reichswehr für Holzbearbeitungsmaschinen. Im Jahr 1921 hatte die Firma ein Aktienkapital von 6 Millionen Mark.

Louis Ladewig war neben seiner Funktion als Fabrikbesitzer zusätzlich noch als Handelsrichter und als Mitglied des Aufsichtsrats der Marschel Frank Sachs AG und der Vorstände des „Arbeitgeberverbandes der sächsischen Textilindustrie, des Webereiverbandes für Mittel- und Westsachsen“ und des „Industrievereines von Chemnitz und Umgebung“ sowie als Mitglied des Vorstandsausschusses des Chemnitzer Vereins für Kinderfreunde tätig. Darüber hinaus war er Mitglied des Chemnitzer Kunstvereins „Kunsthütte“.

Aufgrund seiner Verdienste erhielt Louis 1912/13 den Ehrentitel „Kommerzienrat“ (KR). Im Ersten Weltkrieg wurde er in den Reichswirtschaftsausschuss berufen und erhielt 1917 für seine Verdienste das Kriegsverdienstkreuz.

Louis Ladewig sah sich selbst als assimilierten deutschen Juden, der sich aber trotzdem der jüdischen Tradition verpflichtet fühlte. Im Dezember 1904 wurde er zum Vorsitzenden des Vorstands der Israelitischen Religionsgemeinde in Chemnitz gewählt und blieb damit insgesamt 17 Jahre an der Spitze der Chemnitzer Gemeinde. Gleichzeitig war er Vorstandsmitglied des Verbandes der deutschen Juden. Im Rahmen seiner Funktion als Gemeindevorsteher sorgte er zusammen mit anderen am 18. März 1910 bei einem Besuch im Kultusministerium des Königreichs Sachsen dafür, dass das bestehende Verbot der Schächtung – das Schlachten von Tieren nach dem jüdischen Ritus – aufgehoben wurde.

Durch seine finanziellen Möglichkeiten wurde Louis Ladewig nicht selten zum gemeinnützigen Stifter. 1922 initiierte er eine Gedenktafel in der Synagoge für die im Weltkrieg gefallenen Soldaten, für die er dann ebenfalls einen Betrag mit stiftete. Als ehemaliger Malchower machte er sich auch um seine alte Mecklenburger Heimatstadt verdient: Zunächst stiftete er mehrfach unbekannte Beträge für die Armen der Stadt, deren Zinsen ohne Ansehen des Glaubensbekenntnisses verteilt werden sollten, für die Gründung einer für alle Malchower zugänglichen Bücherhalle. Aufgrund seiner Verdienste beschloss der Magistrat der Stadt Malchow am 12. Mai 1928, eine Straße nach ihm zu benennen, die „Ladewigallee“. Sie trägt heute noch seinen Namen. Der dortige Sportplatz wurde durch eine weitere Spende seines Sohnes im Jahr 1928 errichtet.

Louis kam am 27. August 1921 auf dem Weg zur Leipziger Messe bei Leipzig in der Ortschaft Gruna durch einen Autounfall ums Leben. Seine beiden Kinder übernahmen danach die Bachmann & Ladewig AG, welche unter der NS-Diktatur „arisiert“ wurde. Den Kindern gelang es nur durch Flucht zu überleben.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
Quellen:

  • Gramenz, Jürgen: Ladewig: Dokumentation eines jüdischen Familienverbandes aus Mecklenburg, Cardamina-Verlag, Plaidt 2013
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)