Dr. med. Gertrud Meier-Ahrens geb. Ahrens
(* 04.08.1894 Dömitz — † unbekannt Auschwitz)
Die spätere Ärztin Dr. med. Gertrud Meier-Ahrens, privat nur Gertie genannt, war eine Tochter des ursprünglich aus Sternberg stammenden Otto Ahrens und dessen Ehefrau Emma geb. Wolffenstein, einer in Mecklenburg alteingesessenen jüdischen Familie, und wurde am 4. August 1894 in Dömitz geboren.
Sie besuchte zunächst die höhere Mädchenschule in Ludwigslust und legte im September 1917 am Realgymnasium des Klosters St. Johannis in Hamburg ihre Reifeprüfung ab, nachdem sie zuvor in Hamburg in einem Privatzirkel auf das Abitur vorbereitet worden war. Nach ihrem Medizinstudium in Berlin, Tübingen und Freiburg, das sie am 20. Dezember 1922 in Berlin mit ihrem bestandenen Staatsexamen abgeschlossen hatte, arbeitete sie ab Februar 1923 zunächst in einer Klinik der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, um dann am 15. Mai 1924 ihre Doktorwürde an der Berliner Universität zu erlangen.
Gertie ließ sich im Anschluss als Allgemeinärztin mit einer privaten Praxis in der Berliner Paulsborner Straße 7 nieder, wo sie als Anhängerin der niederländisch-amerikanischen Ärztin und Gymnastiklehrerin Bess M. Mensendieck vorwiegend Frauen im Sinne der von ihr propagierten Atem- und Leibpädagogik betreute und behandelte. Im Jahr 1932 verlegte sie bereits als verheiratete Frau ihre Praxis nach Neustadt-Glewe in die Ludwigsluster Straße 22. Ihr Ehemann, der 1884 geborene Arzt Dr. Karl Meier, war im Gegensatz zu ihr im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie „Arier”. Die Ehe blieb kinderlos.
Als ihr im Juli 1933, wie den meisten anderen jüdischen Ärztinnen und Ärzten auch, die Kassenzulassung entzogen worden war, siedelte sie nach Hamburg um und betrieb dort zunächst bis etwa 1937 in der Gneisenaustraße 5, dann bis etwa 1938 am Eppendorfer Baum 11 eine Privatpraxis, bis auch ihre Approbation für ungültig erklärt wurde. Obgleich sie von den zahlreichen nationalsozialistischen Repressalien direkt betroffen war, blieb sie vor den Deportationsbefehlen zunächst geschützt, da sie in einer„privilegierten Mischehe” mit einem Christen lebte. Das änderte sich jedoch, als ihr Mann im Jahr 1940 verstarb. Ihrer Habe Stück für Stück durch das Deutsche Reich beraubt, musste sie später zwangsweise in das „Judenhaus” im Grindelhof 101 umziehen und wurde schließlich am 20. Juli 1942 mit dem Transport VI/2 unter der Nummer 466 nach Theresienstadt deportiert. Sie war auch dort noch als Ärztin tätig, was sie jedoch nicht rettete: Sie wurde am 9. Oktober 1944 unter der Nummer 817 mit dem Transport Ep nach Auschwitz gebracht und dort ermordet.
An ihrem letzten Wohnort, dem Hallerplatz 13 in Hamburg, erinnert heute ein Stolperstein an ihr Schicksal.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 07.03.2016)
- Recherchen von Christiane Jungblut zum Stolperstein von Dr. Gertrud (Gertie) Meier-Ahrens (m. w. N.)
- Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia: Die jüdische Geschichte der Stadt Sternberg (Mecklenburg), Verlag tredition, Hamburg 2015
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-3/20, Statistisches Landesamt (1851–1945)
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-3/20, Volkszählung in Mecklenburg-Schwerin vom 1. Dezember 1900
- The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Family History Library (LDS): Jüdische Gemeinde Dömitz, Matrikel 1812–1933, Film-Nr. 1184481, Item 3-4
- Traueranzeige für Emma Ahrens geb. Wolffenstein, Berliner Tageblatt vom 18. Juni 1927, S. 10
- Traueranzeige für Otto Ahrens, Berliner Tageblatt vom 27. April 1916, S. 10