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Siegfried Samuel Marcus

(* 18. September 1831 Malchin — † 1. Juli 1898 Wien)

Erfinder, Ingenieur und Mechaniker Siegfried Samuel Marcus

Erfinder, Ingenieur und Mechaniker Siegfried Samuel Marcus (Wikimedia Commons)

Siegfried Samuel Marcus wurde am 18. September 1831 in Malchin als Sohn des Malchiner Kaufmanns Liepmann Marcus und seiner aus dem Schwedischen Karlskrona stammenden Ehefrau Rosa Clara geb. Philipp geboren. Die jüdische Familie seiner Mutter war jedoch ursprünglich in Bützow ansässig gewesen, die Familie seines Vaters eine einflussreiche jüdische Familie in Malchin, der auch der spätere Maler, Illustrator und Karikaturist Otto Marcus entstammte und mit dem Siegfried an seinem späteren Wohnsitz in Wien auch bekannt war. Er muss wohl in Malchin zur Schule gegangen sein und hier bei einem Mechaniker namens Lilge eine Mechanikerlehre absolviert haben. 1845 ging er nach Hamburg, um dort eine Lehre zum Webstuhlmechaniker zu beginnen.

1848 ließ sich Marcus in Berlin nieder und soll dort eigenen Angaben zufolge für die Werkstatt Siemens und Halske gearbeitet haben und dort ein Gehilfe von Werner von Siemens gewesen sein, was derzeit aber nicht belegbar ist. Ebenso ist nicht bekannt, aus welchen Motiven er sich 1852 für Wien als neuen Lebensmittelpunkt entschied. Hier nahm er zunächst eine Anstellung beim Hofmechaniker Carl Eduard Kraft an. Später arbeitete er als assistierender Mechaniker und Laborant eines Professors an dem k. u. k. Physikalischen Institut der Universität Wien und an der Geologischen Reichsanstalt, bevor er dann im Alter von 29 Jahren eine eigene Mechanikerwerkstatt in Wien gründete.

Hier muss Marcus auch zum evangelisch-lutherischen Glauben übergetreten sein. Um 1860 heiratete er in Wien Eleonore Baresch. Ihre gemeinsamen Töchter Eleonore Marie (1861) und Rosa Marie (1869) kamen beide in Wien zur Welt.

Marcus muss außerordentlich begabt und kreativ gewesen sein, denn gegen Ende seines Lebens war er Inhaber von insgesamt 131 Patenten in 16 Ländern. In der Frühphase seiner Selbständigkeit hatte er auch den Kronprinzen Rudolf in Naturwissenschaften unterrichtet. Unter seinen zahlreichen mechanischen, chemischen und elektrotechnischen Erfindungen ist insbesondere der erste brauchbare Seismograph zu nennen. Mit seinen Erfindungen trug er aber auch teilweise zur Weiterentwicklung der Militärtechnik bei. Sein größter finanzieller Erfolg war ein elektrischer Zünder für Seeminen, der sogenannte „Wiener Zünder“, der später von mehreren europäischen Kriegsnationen übernommen wurde.

Bekannt ist Marcus heute aber vor allem für seine Automobile. Er soll bereits 1864 auf der Wiener Ausstellung einen fahrbaren, motorbetriebenen Handwagen präsentiert haben, der durch einen Motor angetrieben wurde, für den er als Erster Benzin als Kraftstoff verwendete. Gesichert ist jedoch, dass er es erst 1870 umgesetzt hatte. Nach 1875 entwarf er einen zweiten Motorwagen, der mit seinem Einzylinder-Viertakt-Benzinmotor, Vergaser und der magnetisch-elektrischen Zündung nun alle wesentlichen Merkmale eines echten Automobils aufwies, aber vermutlich erst um 1888/89 wirklich umgesetzt wurde. Dazu war er zuvor 1887 eine Kooperation mit der Firma Märky, Bromovsky & Schulz eingegangen, die dann um 1888/89 im Märischen Adamsthal (Adamov, Tschechische Republik) diesen neuen Motorwagen umsetzte und für das er schließlich berühmt wurde. Letztlich wurde der Wagen aber nie in Massen gebaut. Er gilt heute zwar nicht mehr als Erfinder des Automobils, aber seine zahlreichen Erfindungen in Bezug auf seine Automobile waren für die damalige Zeit bahnbrechend und sind in weiterentwickelter Form in jedem Benzinautomobil zu finden. Mit seinem ersten Motorhandwagen kann er darüber hinaus beanspruchen, das erste mit Benzin betriebene Straßenfahrzeug gebaut zu haben.

Siegfried Marcus verstarb am 1. Juli 1898 in Wien und wurde zunächst auf dem Hütteldorfer Friedhof beerdingt, später dann in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof umgebettet. Er hatte bis zu seinem Lebensende die Staatsangehörigkeit des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin behalten. 1925 wurde eine Wiener Straße, die Marcusgasse, nach ihm benannt. 1932 ehrte Wien den Erfinder Marcus posthum mit einem Denkmal auf dem Wiener Karlsplatz, welches 1938 nach der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich durch die Nationalsozialisten aus „rassischen“ Gründen entfernt wurde. Nach dem Krieg, zu seinem 50. Todestag am 1. Juli 1948, wurde es wieder aufgestellt.

Neben Kopien seiner Wagen in Wien ist heute auch im Heimatmuseum Malchin ein originalgetreuer Nachbau des ersten Motorwagens zu sehen.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 05.04.2016)
Quellen:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Marcus
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)
  • Schröder, Frank: 100 jüdische Persönlichkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern: ein Begleiter zur Ausstellung des Max-Samuel-Hauses, 22. Mai bis 22. November 2003. Schriften aus dem Max-Samuel-Haus 4, Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock Max-Samuel-Haus, Rostock 2003