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Sally Schlachter

(* 12. Dezember 1878 Russland — † 6. Februar 1963 Aberdare, Wales)

Der spätere Rabbiner Sally Schlachter wurde am 12. Dezember 1878 in Russland geboren und muss wohl erst nach seiner Ausbildung zum Religionslehrer nach Mecklenburg gekommen sein.

Schlachter lebte seit 1909 in Stavenhagen und betreute spätestens ab 1910 als Wanderlehrer neben seiner Heimatgemeinde Stavenhagen gleichzeitig mindestens acht weitere Israelitische Gemeinden: Dargun, Gnoien, Krakow am See, Malchow, Neukalen, Röbel, Teterow und Waren.

Später heiratete er die Tochter eines Krakower Kaufmanns, die dort am 9. August 1880 geborene Alma Salomon. Das Paar blieb zeitlebens kinderlos. Sie scheinen zunächst in einer Wohnung des Gemeindehauses der Israelische Gemeinde in der Malchiner Straße 247 (heute Malchiner Straße 38) gewohnt zu haben. Dort eröffneten sie auch ein Tabak- und Spirituosengeschäft, da das Gehalt eines Religionslehrers in dieser Zeit kaum zum Lebensunterhalt einer Familie gereicht haben dürfte. Im gleichen Haus wurde auch der Religionsunterricht der jüdischen Kinder von Stavenhagen durchgeführt.

1924 kaufte das Paar ein Haus in der Neubrandenburger Straße 13 (heute Neubrandenburger Straße 15) und wechselte anschließend ihren privaten Wohnsitz dorthin. Die Erlaubnis, als Rabbiner tätig zu werden, erhielt Sally Schlachter jedoch erst im Jahr 1927. Als Rabbiner betreute er danach auch Gnoien und Teterow mit.

Schlachter war der letzte Religionslehrer und Rabbiner von Stavenhagen, zumindest zuletzt auch der Vorsteher der Israelitischen Gemeinde und sorgte sich damit um die Gemeinde. Er pflegte darüber hinaus auch den jüdischen Friedhof von Stavenhagen, wohl der Grund, weshalb dieser im Gegensatz zu anderen Gemeinden noch im Jahr 1938 in einem hervorragenden Zustand war. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte er wie alle jüdischen Einwohner Stavenhagens aus „rassischen“ Gründen unter den üblichen Repressalien zu leiden. In den 1930er Jahren wohnte das Ehepaar, wohl nicht freiwillig, wieder im Gemeindehaus in der Malchiner Straße 38. Sie entschieden sich zur Emigration nach England zu Verwandten Schlachters, ob sie vor oder nach der „Reichskristallnacht“ Stavenhagen verließen, ist bis heute ungeklärt. Die Tatsache, dass Sally Schlachter offensichtlich nicht wie andere männliche Stavenhagener an diesen beiden Tagen in „Schutzhaft“ genommen wurde, spricht für einen davor liegenden Zeitpunkt. Das im Gemeindehaus befindliche Ladengeschäft der Schlachters soll jedoch am 9. November 1938 verwüstet worden sein.

In England ließ sich das Paar in Wales nieder, da hier bereits einige Schwestern Schlachters lebten. Spätestens 1949 war Sally Schlachter als Rabbiner in Aberdare tätig und betreute neben der Gemeinde auch die in 19a Seymour Street, Aberdare beheimatete Synagoge. Er hatte hier, wie zuvor in Mecklenburg schon, mit einer schwindenden Gemeinde zu kämpfen. So kam es, dass er 1957 gemeinsam mit seiner Gemeinde zum letzten Mal die Hohen Feiertage beging.

Sally Schlachter verstarb am 6. Februar 1963 im Alter von 84 Jahren in Wales, vermutlich in Aberdare. Mit ihm ging nicht nur ein Religionslehrer, der vielen Mecklenburger Juden Hebräisch und die jüdische Relgion, Kultur und Tradition nahe gebracht hatte, sondern auch ein profunder Kenner eines Teils der Mecklenburger Gemeinden, ein Verlust für die jüdische Geschichtsforschung in Mecklenburg der Neuzeit. Seine Ehefrau Alma folgte ihm am 4. März 1969.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 04.05.2016)