Löser Cohen

(* 28. Februar 1789 Güstrow — † 20. Juni 1873 Güstrow)

Löser Cohen wurde am 28. Februar 1789 in Güstrow als Sohn des Meyer Nathan Cohen aus Tirschtiegel und seiner aus Schwerin stammenden Ehefrau Betty geb. Aron geboren. Er hatte mindestens zwei Geschwister: Johanna und David.

Er begann in seiner Heimatstadt Güstrow bei einem christlichen Meister um 1808 eine Lehre zum Goldschmied, zu einer Zeit, als Juden der Zugang zu Handwerksberufen üblicherweise noch verwehrt war. Es wundert daher nicht, dass ihn nur vier Wochen nach seinem Antritt Nachbarn anschwärzten und ihm daraufhin landesherrlich die Ausbildung verboten wurde. Statt dessen erlernte er den Beruf eines Bildhauers.

Am 25. März 1813 rief der Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin, der sich mittlerweile gegen Napoleon gestellt hatte, zum freiwilligen Eintritt in die noch auszuhebenden Jägercorps auf. Wohl unter dem positiven Eindruck des zuvor vom Herzog erlassenen Emanzipationsedikts, das die Mecklenburger Juden rechtlich den christlichen Landesbürgern nahezu gleichstellte, trat er 1813 freiwillig in das Jägercorps ein, um seine Heimat gegen die französischen Besatzer zu verteidigen und als Jude seine Treue gegenüber seiner Heimat zu beweisen. Er wurde Mitglied des Mecklenburgischen Freiwilligen Jägerregiments zu Fuß und erhielt später das Eiserne Kreuz. Sein Einsatz dauerte bis zur Auflösung seines Regiments am 19. August 1814 in Malchin.

1817 erhielt er das Bürgerrecht der Stadt Güstrow. Bis mindestens 1819 war er ledig geblieben. Später heiratete er die aus Berlin stammende Johanna Joachim, mit der er mindestens einen Sohn namens Samuel Löser Cohen hatte. Laut der Volkszählung in Mecklenburg-Schwerin von 1867 lebte er zu diesem Zeitpunkt in der zweiten Etage der Güstrower Domstraße 663.

Löser Cohen ist als Schreiber seiner Memoiren bekannt geworden, die er bis 1869 über seine Zeit als Freiwilliger Jäger in den Napoleonischen Befreiungskriegen verfasste hatte. Seine Memoiren sind später von dem jüdischen Historiker Moritz Stern bearbeitet und veröffentlicht worden. Cohens Berichten zufolge führte ihn der Weg mit seiner Einheit quer durch Mecklenburg, so z. B. durch Schwerin, Wismar, Rehna, Grevesmühlen, Rostock, Schwaan, Goldberg, aber auch weiter weg nach Hannover, Detmold, Düsseldorf, Aachen und Jülich. Im Laufe des Feldzugs nahm er an einigen Gefechten teil und überlebte diese trotz zuvor fehlender militärischer Ausbildung.

Als einziger Jude seiner Kompanie berichtet er nur von einem einzigen Vorgesetzten, seinem Kompaniechef Major von Müller, der die üblichen Ressentiments gegenüber Juden hatte und ihn dies auch spüren ließ. Viel mehr ist er voll des Lobes seinen ehemaligen Kameraden und auch den übrigen Vorgesetzten gegenüber. Er war allerdings nicht der einzige Jude im Jägercorps. So berichtet er von einem Glaubensgenossen namens Lichtenstein aus Hagenow, der ebenfalls in seinem Regiment kämpfte und bei dem es sich nur um den späteren Schutzjuden Simon Liepmann Lichtenstein gehandelt haben kann. Als gläubiger und praktizierender Jude hatte Cohen auf dem Feldzug so manche Male Schwierigkeiten, die jüdischen Essregeln einzuhalten, insbesondere dann, wenn es wieder „ekliges Schweinchen” zu essen gab.

Löser Cohen hatte sich durch seinen freiwilligen Einsatz den Respekt seiner Heimatstadt Güstrow erworben. So wurde er als Veteran mehrmals anlässlich des Gedenkens der Befreiungskriege abgehaltenen Stadtfeiern geladen.

Er verstarb am 20. Juni 1873 im Alter von 84 Jahren in Güstrow an Altersschwäche und wurde zwei Tage später auf dem jüdischen Friedhof von Güstrow bestattet.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
Quellen:

  • Lindner, Erik (Hrsg.): Memoiren des Freiwilligen Jägers Löser Cohen: Kriegserlebnisse 1813/1814, Edition Hentrich, Berlin 1993
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)
  • Schröder, Frank: 100 jüdische Persönlichkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern: ein Begleiter zur Ausstellung des Max-Samuel-Hauses, 22. Mai bis 22. November 2003. Schriften aus dem Max-Samuel-Haus 4, Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock Max-Samuel-Haus, Rostock 2003