Friedrich Ahrens

(* 25. November 1858 Grevesmühlen — † 25. Oktober 1940 Hamburg)

Der am 25. November 1858 in Grevesmühlen geborene Friedrich Martin Julius Matthias Ahrens entstammte der von Mendel Baruch Simon Aarons begründeten Grevesmühlener Familie Aaron / Aarons (später auch Ahrens), dessen männliche Vorfahren ursprünglich aus Frankfurt an der Oder ins Mecklenburgische Rehna gekommen waren.

Friedrich Ahrens war von Geburt an evangelisch-lutherischer Konfession, denn schon sein Großvater Mendel Baruch Simon Aarons, der im Übrigen laut Patent vom 15. Juni 1849 der erste jüdische Rechtsanwalt in Mecklenburg war, hatte sich am 17. Oktober 1855 gemeinsam mit seinen Kindern taufen lassen und nannte sich fortan Ahrens. Auch seine spätere Ehefrau Auguste war eine assimilierte und getaufte Nachkommin einer aus Parchim und Goldberg stammenden jüdischen Familie namens Josephy / Josephi.

Er besuchte bis zur Prima das Catharineum in Lübeck, wo er sich auch die Grundlage für seine späteren englischen und französischen Sprachkenntnisse aneignete. Nach seiner schulischen Ausbildung war er in verschiedenen Branchen unter anderem in Stettin und Hamburg tätig.

Nach der Heirat im Jahr 1884 wohnten die Eheleute zunächst in Grevesmühlen. Im Jahr 1885, als Friedrich Ahrens gemeinsam mit dem Bruder seiner Ehefrau, den Kaufmann Gustav Josephi, durch Übernahme eines Betriebsgrundstücks des Sternberger Kommerzienrates Davidson David eine Zweigstelle der Parchimer Getreide- und Landhandelsfirma Josephy & Ahrens KG (später Josephi & Ahrens) gründeten, siedelte sich das Ehepaar in Sternberg an. Ihre vier Kinder wurden allesamt in Sternberg geboren.

Die Geschäfte liefen wohl nur unbefriedigend, denn sein Geschäftspartner stieg später aus der gemeinsamen Unternehmung wieder aus und wenige Jahre später orientierte sich auch Friedrich Ahrens neu. Er verzog 1900 mit seiner Familie nach Rostock. Die Gründe für den Umzug müssen mit einer weiteren Firmengründung zusammengehangen haben: Er wurde Mitbegründer und Teilhaber des Dampfsägebetriebs und der Sperrholzfabrik Böttcher & Ahrens im Mecklenburgischen Wesenberg, die wesentlich erfolgreicher war, als seine Sternberger Getreidehandlung. Das Wesenberger Werk zählte zu den modernsten Betrieben im Lande. Der wirtschaftliche Erfolg ermöglichte sowohl ihm als auch später seinem Sohn Herbert, der ab 1929 Mitarbeiter des väterlichen Betriebs in Wesenberg und später Teilhaber wurde, einen gesellschaftlichen Aufstieg. So war Friedrich Ahrens Mitglied des Wirtschaftsbeirats der Deutschen Holzwirtschaftsbank AG Berlin, Ausschussmitglied des Deutschen Versicherungs-Schutz-Verbandes e. V. Berlin, Mitglied des Hauptvorstandes des Vereins Ostdeutscher Holzhändler und Sägewerke e. V. Berlin und ab Januar 1925 Ehrenmitglied der Universität Rostock.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt muss der ursprüngliche Teilhaber Böttcher die Firma verlassen haben, denn spätestens 1938 waren die einzigen Eigentümer der Offenen Handelsgesellschaft Friedrich Ahrens und sein Sohn Herbert. Auch wenn die Familie sich schon lange vollends von ihrer jüdischen Religion gelöst hatte und sich wohl auch kulturell von ihren christlichen Nachbarn nicht mehr unterschied, rettete es sie nicht vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Gemäß den Nürnberger Rassengesetzen wurden Friedrich Ahrens und auch der Sohn Herbert als Juden angesehen und unterlagen damit den rassistischen Repressalien. Durch diese Einstufung wurde im Dezember 1938 durch die Abteilung Inneres des Mecklenburgischen Staatsministeriums beiden Inhabern befohlen, ihre Firmenanteile binnen einer Frist von drei Monaten zu veräußern. Nur wenige Monate später wurde die „Arisierung” in die Tat umgesetzt: Der gesamte Betrieb wurde an Unternehmer der Holzbranche verkauft, der Veräußerungserlös wurde jedoch nie an die jüdischen Eigentümer ausgezahlt.

Nach der Enteignung flüchteten Friedrich und seine Ehefrau nach Hamburg-Eppendorf in die Anonymität. Dort verstarb Friedrich 1940. Seine Ehefrau überlebte den Krieg nur um wenige Monate.

Sein Sohn Herbert, der zwischenzeitlich in Berlin den Direktorenposten einer Zweigstelle des Wesenberger Sägewerks übernommen hatte, wurde nach der Einstufung als Jude durch die Nationalsozialisten und der anschließenden Enteignung als Teilhaber des Sägewerks ein Opfer des Holocausts: Er verstarb 1941 im Konzentrationslager Buchenwald. Seine Nachkommen überlebten jedoch. Auch sein ehemaliger Partner der Sternberger Unternehmung, Gustav Josephi, überlebte den Nationalsozialismus nicht, denn er wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert und verstarb dort.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
Quellen:

  • Datenbank der Holocaust-Opfer aus Böhmen und des Ghettos Theresienstadt (Holocaust.cz)
  • Frank, Doreen: Jüdische Familien in Parchim. Schriftenreihe des Museums der Stadt Parchim, Band 7, Museum der Stadt Parchim, Parchim 1997
  • Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia: Die jüdische Geschichte der Stadt Sternberg (Mecklenburg), Verlag tredition, Hamburg 2015
  • Müller, K. F.: Werdegang der Firma Josephi & Ahrens, Parchim, 1.9.1816 - 1.9.1966, 150 Jahre, unveröffentlichtes Manuskript im Museum der Stadt Parchim
  • Privatbesitz Ahrens, Dr. Friedrich: Schreiben des Mecklenburgischen Staatsministerium an Herbert Ahrens vom 10. Dezember 1938 und an Fritz Germer vom 17. Dezember 1938
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)
  • Schröder, Frank: 100 jüdische Persönlichkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern: ein Begleiter zur Ausstellung des Max-Samuel-Hauses, 22. Mai bis 22. November 2003. Schriften aus dem Max-Samuel-Haus 4, Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock Max-Samuel-Haus, Rostock 2003
  • Stadtarchiv Sternberg: diverse Dokumente
  • Yad Vashem, Datenbank der Opfer der Schoah (YadVashem.org)