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Marcus (Mordechai) Lazarus Jaffe

(* 4. August 1740 Berlin — † 7. November 1813 Schwerin)

Der spätere Rabbiner und wohl auch Oberrabbiner Marcus (Mordechai) Lazarus Jaffe wurde am 4. August 1740 in Berlin als Sohn des Rabbiners Elieser Lazarus Nehemias Jaffe geboren. Er stammte in direkter Linie von dem bekannten, ursprünglich aus Prag und später in Posen ansässigen Talmudisten, Philosophen und Astronomen Mordechai ben Abraham Jaffe (1530 — 1612) ab.

Jaffes Vater verstarb, als er im Alter von sechs Jahren war. Er wuchs deshalb unter der Aufsicht seines Stiefvaters Simon Salomon (später Simon Hildesheim) in Berlin auf. Hier erhielt er auch seine Schulbildung. 1754, im Alter von 13 Jahren, durfte er eine Talmudschule in Lissa/Leszno besuchen, wo er später zum Rabbiner ordiniert wurde. In Lissa lernte er auch seine erste Frau Golda Segal kennen, die eine Tochter des örtlichen Vorstehers der jüdischen Gemeinde, Eisick Segal, war.

Wie und wann genau Jaffe nach Schwerin kam, ist ungeklärt. Durch den Berliner Rabbiner, Historiker und Bibliothekar Moritz Stern ist jedoch überliefert, dass er von der Schweriner Gemeinde 1770 zum Dajan, einem Richter der Rabbinatsgerichtsbarkeit, gewählt wurde.

Schon kurze Zeit nach Dienstantritt übernahm Jaffe auch Amtshandlungen in anderen Gemeinden als Schwerin. Die Schweriner Gemeinde schlug deshalb vor, ihn zum landesweiten Rabbiner zu machen. Dies fand aber zunächst keine Zustimmung durch die Landesregierung. Im Jahre 1772 setzte er sich in einer später veröffentlichten Korrespondenz mit Moses Mendelssohn, der Hauptfigur der jüdischen Aufklärung (Haskala) in Deutschland, für eine unverzügliche Bestattung der Toten ein, so wie es in der orthodoxen Auslegung des Judentums seit jeher üblich war.

Sehr wahrscheinlich wurde Jaffe im Jahre 1775 zum Oberrabbiner ernannt und folgte damit dem Oberrabbiner Josua Spira, der hier nur insgesamt drei Jahre als solcher tätig gewesen war. Wie der Güstrower Rabbiner und Historiker Dr. Leopold Donath in seinem Werk „Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874)“ zu berichten weiß, muss es zu Differenzen zwischen Jaffe und der Schweriner Gemeinde gekommen sein, ohne dass genau bekannt wäre, was die Gründe dafür waren. Die Gemeinde ging jedenfalls davon aus, dass Jaffe lediglich zum Dajan gewählt worden war, nicht jedoch zum Oberrabbiner. Auch wenn diese Unterscheidung freilich kaum einen praktischen Sinn gemacht haben dürfte, wurde ihm deshalb ein Jahr nach Beginn des streits durch die Schweriner Gemeinde gekündigt. Jaffe war hingegen erwartungsgemäß anderer Ansicht. Eine Kündigung habe gar nicht in der Befugnis der Gemeinde liegen können, da er landesherrlich als Oberrabbiner eingesetzt worden wäre. Es kam auch in der Folgezeit immer wieder Unstimmigkeiten innerhalb der Schweriner Gemeinde. Herzog Friedrich Franz sah sich deshalb zu einem Machtwort gezwungen und erließ mit Datum vom 10. April 1794 Regeln zur Amtsverrichtung der Rabbiner, in denen der Herzog Jaffe als Verantwortlichen zur Umsetzung benannte. Letztlich wurde 1802 der Streit in Form einer Vereinbarung über seine Befugnisse zwischen ihm und der Schweriner Gemeinde beigelegt.

Bereits seit Ende des 18. und bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts setzte sich Jaffe zusammen mit dem hier ebenfalls tätigen Sohn des Polnischen Talmudisten und Rabbiner Josua Falk Albu für den Aufbau einer jüdischen Schul- und Lehrerausbildung in Mecklenburg ein. Beide konnten sich jedoch letztlich nicht durchsetzen. Einigen Angeboten zur Übernahme einer Stelle als Rabbiner in anderen Gemeinden, so unter anderem aus Kopenhagen und Altona, folgte er bewusst nicht, da er „kein Freund von Veränderungen und äußerlichen Ehrenbezeugungen war“[Stern 1933].

Nachdem Jaffes erste Ehefrau am 24. Oktober 1800 in Schwerin verstorben war, heiratete er wohl um 1802 die aus Prenzlau stammende Rachel Bolisch. Möglicherweise war er darüber hinaus nochmals verheiratet. Jaffe hatte widersprüchlichen Angaben zufolge zwischen zehn und zwölf Kindern, ohne dass genau geklärt ist, zu welchen der Ehen sie zuzuordnen sind.

Marcus Jaffe verstarb am 7. November 1813 in Schwerin und wurde sowohl von Juden als auch Christen in Schwerin betrauert. Und die gesamte Schweriner Gemeinde, die es ihm wohl Zeit Lebens nicht so ganz leicht gemacht hatte, folgte dem zu Bestattenden im Trauerzug.

Jaffes Amt übernahm nach ihm der bereits erwähnte Rabbiner Josua Falk Albu, der kurze Zeit später gleichfalls Oberrabiner wurde. Auch Jaffes Sohn, Jesaja Jaffe (1777 — 1856), der ebenso wie sein Vater die Rabbinerlaufbahn eingeschlagen hatte, hatte sich Hoffnungen auf den Posten gemacht und war darüber zuvor mit Albu und der Schweriner Gemeinde in Streit geraten, da er Privatgottesdienste abgehalten hatte. Dies wurde ihm schließlich 1816 landesherrlich untersagt.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
Quellen:

  • http://www.geni.com/people/Mordecai-Jaff%C3%A9/6000000009332261951
  • Brocke, Michael / Carlebach, Julius: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781-1871, Walter de Gruyter, München 2004
  • Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)
  • Stern, Moritz: Der Schweriner Oberrabbiner Mordechai Jaffé: Seine Ahnen und seine Nachkommen. Ein Stammbaum bearbeitet von Moritz Stern., Verlag Hausfreund, Berlin 1933