Geheimer Finanzrat Israel Jacobson
(* 17. Oktober 1768 Halberstadt — † 14. September 1828 Berlin)
Der spätere Geheime Finanzrat Israel Jacobson wurde am 17. Oktober 1768 in Halberstadt als einziger Sohn des Wechelshändlers und Vorstehers der jüdischen Gemeinde Jacob Israel geboren. Anstatt die vom Vater erwünschte Rabbinerlaufbahn einzuschlagen, interessierte sich Jacobson für kaufmännische Dinge und wurde Lehrling im Wolfenbütteler Handlungshaus des Braunschweiger Juden und herzoglichen Kammeragenten Herz Samson. 1786 heiratete er dessen Tochter Minna Samson und zog nach Braunschweig um. Diese vorteilhafte Heirat ermöglichte ihm erst seine spätere Karriere. Schon 1795, als sein Schwiegervater verstorben war, wurde er selbst Herzoglich-Braunschweigischer Kammeragent und Hoffaktor.
Durch seinen Wohlstand und den damit verbundenen finanziellen Möglichkeiten unterstützte er schon früh die jüdische Emanzipation und strebte die bürgerliche Gleichstellung aller Juden und deren Integration in die deutsche Gesellschaft an. In dem Zusammenhang setzte er sich für die Bildung jüdischer Kinder ein. So stiftete er 1801 eine Schul- und Erziehungsanstalt, die Jacobson-Schule in Seesen im Harz, die eine Ausbildung auch in handwerklichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten bot, in Bereichen also, die Juden traditionell zu der Zeit versagt waren. Er war damit seiner Zeit weit voraus und seine Schule muss wohl auch als Vorbild für die viel späteren Hachschara-Lager im 20. Jahrhundert fungiert haben.
Während für viele seiner Glaubensbrüder in dieser Zeit an eine bürgerliche Gleichstellung nicht zu denken war, wurde er 1804 aufgrund seines Einflusses offiziell als vollwertiger Staatsbürger in seiner Heimat anerkannt und wurde auch zum Geheimen Finanzrat ernannt. Durch Vermittlung von Anleihen für deutsche Fürstenhöfe hatte er sich ein Vermögen aufgebaut. Im Rahmen dieser Tätigkeiten führte ihn sein Weg auch an den Hof von Mecklenburg-Schwerin, was in eine längere Geschäftsbeziehung mündete.
1808 ernannte man ihn zum Präsidenten des Konsistoriums für Israeliten im Königreich Westfalen, wo er seine Vorstellungen von einem reformierten Judentum, eine Anpassung des jüdischen Kultus an die praktischen Erfordernisse eines deutschen Staatsbürgers, fördern konnte. Ein Ausdruck dessen sollte seiner Ansicht nach der verstärkte Gebrauch der deutschen Sprache in den Gottesdiensten und eine äußerliche Angleichung an christliche Riten sein. 1810 errichtete er deshalb eine Privatsynagoge in Seesen, die ihm als Zentrum diente, diese ersten Formen des reformierten Judentums zu praktizieren. Dies stieß bei den orthodox geprägten Rabbinern erwartungsgemäß nicht selten auf Widerstand.
1811 lernte er den Preußischen Staatskanzler Karl August Freiherr von Hardenberg kennen und unternahm seinerseits Versuche, Einfluss auf die Preußische Emanzipationsgesetzgebung in seinem Sinne zu nehmen, gleiches durch seine bestehenden Geschäftsbeziehungen später auch in Mecklenburg-Schwerin. Mit Beginn der Napoleonischen Zeit verlagerte er sein Geschäft von Finanz- auf Grundstücksgeschäfte und -besitz. So erwarb er Staatsdomänen und Kirchengüter, was ihm weiteres Vermögen und Ansehen brachte, das zur Verleihung weiterer Titel führte: Er wurde zum Ritter des Ordens der Westfälischen Krone und zum Ehrendoktor der Universität Helmstedt ernannt. Nach dem Fall Napoleons zog Jacobson nach Berlin, wo er seine Reformbemühungen fortsetzte und 1815 eine reformierte Synagoge in seinem Wohnhaus einrichtete.
Jacobson beantragte 1816 den Kauf der im Konkurs befindlichen, Mecklenburger Rittergüter Gehmkendorf und Klenz und des Bauerndorfes Klein Markow, für das der Herzog im die Genehmigung erteilte. Nach derzeitigem Forschungsstand war er damit wohl der erster Rittergutsbesitzer in den deutschen Landen. Weil mit diesem Grundbesitz insbesondere landständische Rechte verbunden waren, die eine politische Mitbestimmung möglich machten,liefen die Mecklenburger Stände gegen ihn Sturm. Haupteinwand war das Verbot des Grunderwerbs durch Juden im § 377 des Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755. Ein vom Herzog beauftragtes Rechtgutachten bestätigte jedoch die Zulässigkeit des Kaufs. Am 24. Mai 1816 wurde Jacobson schließlich auch in Mecklenburg-Schwerin den hiesigen Staatsbürgern rechtlich gleichgestellt und er erwarb 1817 noch die Güter Grambow und Tressow. Jacobson lebte dann sowohl auf seinen Mecklenburger Gütern als auch in Berlin. Aufgrund seines Einflusses erwählte die jüdische Gemeinde Güstrow ihn zum Vorsteher.
Die Stände gaben jedoch nicht auf und erwirkten, dass Jacobson nicht in die Ritterbrandkasse aufgenommen wurde, da er Jude war. Darüber hinaus waren sie 1817 letztlich damit erfolgreich, das hier am 22. Februar 1813 erlassene Emanzipationsedikt zu kassieren. Tragischerweise war gerade der Fall des Israel Jacobson ein Argument der Ritter- und Landstände, die das ermöglicht hatte.
Israel Jacobson heiratete nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 1819 erneut. Seine zweite Ehefrau war Jeanette Leffmann, die Tochter eines jüdischen Bankiers in Hannover. Jacobson verstarb nach langer Krankheit am 13. September 1828 in Berlin und wurde auf dem jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee bestattet. Die Mecklenburger Güter wurden nach seinem Tod zum Erbe einiger Söhne seiner insgesamt zehn Kinder, die er mit beiden Ehefrauen hatte. Die Mecklenburger Güter blieben bis etwa 1870 in Familienbesitz.
Die Bedeutung Israel Jacobsons liegt vor allem in seinem Einsatz für die jüdische Emanzipation, bei der er ohne Zweifel zu den Vorreitern in Deutschland gehörte. Auch wenn ihm sein Vermögen dieses Handeln erst ermöglicht hatte, tat er dies für seine Glaubensbrüder doch ohne jegliche Notwendigkeit für sich. Gerade im damals für Juden rückständigen Mecklenburg wirkte er als Mahner und Kämpfer für die hiesige bürgerliche Gleichstellung der jüdischen Einwohner, auch wenn er letztlich mit seinem Wirken scheiterte.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 04.02.2016)
- http://www.deutsche-biographie.de/sfz36691.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Israel_Jacobson
- https://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/judaica/ejud_0002_0011_0_09920.html
- Bernhardt, Hans-Michael: Bewegung und Beharrung: Studien zur Emanzipationsgeschichte der Juden im Grossherzogtum Mecklenburg-Schwerin 1813-1869, Forschungen zur Geschichte der Juden, Reihe A: Abhandlungen Band 7, Dissertation an der Technischen Universität Berlin, Verlag Hahn, Hannover 1998
- Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998
- Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)