Dr. med. Otto Rosenbaum
(* 08.03.1875 Schwerin — † nach 1943 Sobibor)
Dr. med. Otto Rosenbaum wurden am 8. März 1875 in Schwerin als Sohn des Sally Rosenbaum, eines Mitglieds der Sternberger Familie Rosenbaum, und der aus Schwerin stammenden Blanka Bonheim geboren.
Nach Besuch der Gymnasien in Schwerin und Neubrandenburg entschied er sich für ein Medizinstudium und studierte daraufhin in München und Jena, wo er auch die ärztliche Vorprüfung bestand. Vom 1. Oktober 1897 bis 1. April 1898 leistete er seinen Militärdienst beim Großherzoglich Mecklenburgischen Füsilier-Regiment „Kaiser Wilhelm“ Nr. 90 in Rostock ab. Im Anschluss setzte er sein Studium in Berlin und Kiel fort. Dort promovierte er am 14. Juli 1900 und erhielt am 26. Mai 1900 seine Approbation. Er kehrte in seine Heimatstadt Schwerin zurück und ließ sich hier am 23. März 1903 als praktischer Arzt nieder, wo er zunächst in der Kaiser-Wilhelm-Straße 65 praktizierte.
Dr. med. Otto Rosenbaum war als Oberstabsarzt von August 1914 bis Dezember 1918 im Deutschen Heer tätig, nahm am Ersten Weltkrieg teil und war später Mitglied des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten.
In den Nachkriegsjahren setzte er seine Arbeit in seiner Arzpraxis in Schwerin fort und war unter den Schwerinern beliebt. Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten begannen auch für ihn die Repressalien aus „rassischen” Gründen. So war er schon am 27. März 1933 gezwungen, sein Amt als Schularzt niederzulegen. Zum „Judenboykott” am 1. April kamen demonstrativ einige Patienten, um ihm gegenüber ihre Sympathie zu bezeugen.
Noch am 8. Oktober 1934 wurde er als langjähriges Mitglied der Israelitischen Gemeinde von Schwerin mit 33 von 42 Stimmen zu deren Vorsitzenden gewählt und war Vertreter Schwerins im Israelitischen Oberrat. Unter seiner Leitung kehrten nicht wenige der vorher wegen religiöser Differenzen Ausgetretenen in die Gemeinde zurück, unter ihnen der Rechtsanwalt Dr. John Bonheim und der Kaufhausbetreiber Louis Kychenthal.
Er praktizierte als Arzt zunächst weiter, 1935 dann allerdings nur noch unter seiner Privatadresse in der Schloßstraße 12 b. Von den jüdischen Ärzten im Kreisgebiet Schwerin war Rosenbaum dann als Letzter noch tätig gewesen. Wie den meisten jüdischen Ärzten wurde ihm aber am 30. September 1938 die Approbation entzogen, wodurch er gezwungen war, seine fast 40jährige ärztliche Tätigkeit in Schwerin einzustellen.
Nach dem Entzug seiner Approbation entschied sich die Familie zur Emigration in die USA. Um sich auf seine zukünftige Arbeit in Amerika vorzubereiten, fuhr Rosenbaum nun jede Woche von Montag bis Freitag zu speziellen Englischkursen für Mediziner nach Berlin. Erinnerungen eines Sohnes zufolge hatte Otto bereits für sich, seine Frau, seinen jüngeren Sohn und seine Tochter US-amerikanische Visa beantragt, die jedoch nicht rechtzeitig genug vor der „Reichskristallnacht“ eintrafen. Zum Zeitpunkt des Pogroms hatte Rosenbaum sich abgesetzt, denn den Schweriner Behörden war sein Aufenthaltsort einem Bericht an den Gauwirtschaftsberater von Mecklenburg zufolge im November 1938 unbekannt. Sehr wahrscheinlich hielt er sich in Berlin auf. Die Gestapo beschlagnahmte jedoch Kirchenbücher und Gemeindeunterlagen in seiner Wohnung.
Dr. med. Otto Rosenbaum und seiner Frau gelang später im August 1939 die Emigration in die Niederlande. Dort wurden Otto und Ehefrau Stephanie aber im Rahmen einer umfangreichen Verhaftungswelle am 16. Juli 1943 arretiert, nach Sobibor deportiert und ermordet.
In einem Schreiben des ehemaligen Schweriners Fritz Löwenthal aus seinem Exil in Santiago de Chile an den Vorsteher der nach dem Krieg neu gegründeten jüdischen Gemeinde von Schwerin Hugo Mehler erinnerte sich dieser insbesondere an Otto Rosenbaum wie folgt:
„[...] Was hat unser lieber Dr. Rosenbaum verbrochen? Er war Oberstabsarzt
im vorhergehenden Kriege. Wenn in Schwerin nachts von der Polizei ein Arzt
benötigt wurde, hat man Dr. Rosenbaum gerufen, weil die anderen Ärzte
sich nicht haben stören lassen in ihrer Nachtruhe. Und wieviel Leuten der
ärmeren Bevölkerung Schwerins und Umgebung hat er geholfen, indem er
sie kostenlos behandelte. Wieviele Nächte war Dr. R. unterwegs auf den
Landstrassen um Schwerin und ist den Rufen der sich in Not befindlichen
Menschen gefolgt ohne an sich dabei zu denken. Man hat ihn und seine Frau
dafür, dass er ein anständiger und hochzuschätzender Arzt und Mensch war
in der Gaskammer erstickt. [...]“
[Stadtarchiv Schwerin: Schreiben des Fritz Löwenthal vom 8. Juni 1947 an Hugo Mehler.]
Seinen Kindern gelang es jedoch durch Flucht zu überleben.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.09.2015)
- Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia: Die jüdische Geschichte der Stadt Sternberg (Mecklenburg), Verlag tredition, Hamburg 2015
- Kasten, Bernd: Ausgrenzung, Vertreibung, Vernichtung: Juden in Schwerin 1933-1945. Schriften zur Stadt- und Regionalgeschichte, Band 4, Historisches Museum Schwerin, Schwerin 1995
- Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)