Jüdischer Friedhof Lübz
Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Lübz, Schützenstraße 31 (früher auch: Werner-Seelenbinder-Straße 31, am „Wege nach dem neuen Teiche“)
Erhaltung: geschlossener Friedhof mit Grabsteinbestand
Geschichte des Friedhofs
Derzeit gibt es keine Hinweise auf einen jüdischen Friedhof in der Stadt Lübz während der Zeit nach der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs. Der heute noch existente jüdische Friedhof von Lübz stammt aus der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs. Die Lübzer Judenschaft bestattete ihre Toten seit dem 18. Jahrhundert zunächst auf dem Parchimer Friedhof. Aufgrund dortigen Platzmangels erwirkte der Parchimer Gemeindevorsteher Hirsch im Jahr 1803 beim Magistrat gerade im Hinblick auf die Lübzer Judenschaft eine Sperrung des Parchimer Friedhofs für Bestattungen auswärtiger Juden.
Wo die Lübzer in den nachfolgenden 20 Jahren ihre Toten bestatteten, ist unbekannt. Erst am 27. August 1823 durfte die Lübzer Judenschaft in der Stadt einen eigenen Friedhof am „Wege nach dem neuen Teiche“, heute in der Schützenstraße 31 östlich des Stadtzentrums, anlegen. Es scheint hier so, als ob das Grundstück tatsächlich in das Eigentum der Jduenschaft überging, anders als das bei den meisten jüdischen Gemeinden in Mecklenburg, die häufig einen jährlichen Kanon zu zahlen hatten.
Derzeit liegen zum Friedhof erst mit der Auflösung der Israelitischen Gemeinde von Lübz wieder weitere Fakten vor. Nachdem die Israelitische Gemeinde körperschaftlich nicht mehr tragfähig war, wurde der Friedhof laut Auflösungsvertrag vom 28. März 1916 zu Eigentum der Stadt übertragen und am 26. Juli 1916 im Grundbuch im Flurbuch Abt. II Nr. 844 unter der Grundbuchblatt-Nummer 1742 auf diese umgeschrieben. Einem Schreiben des ehemaligen Gemeindevorstehers Willy Ascher vom 22. Juni 1916 zufolge vermachte der ehemalige Lübzer Julius Karl Ludwig Benedix, der schon 1855 in Hamburg verstorben war, der jüdischen Gemeinde Lübz laut Testament 8250 Mark. Daraus wurden 250 Mark zur Herrichtung eines eisernen Gittertores für den Friedhof verwendet. Der Rest wurde hypothekarisch angelegt, die zu erwartenden Zinsen sollten zukünftig für die Erhaltung des Friedhof verwendet werden.
Der Friedhof scheint die Zeit nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten weitestgehend unbeschadet überstanden zu haben. Allerdings scheinen alle noch vorhandenen Grabsteine noch lange Zeit nach dem Krieg gelegen zu haben. Dei Gründe dafür sind derzeit unbekannt. Der zu DDR-Zeiten unter der Adresse Werner-Seelenbinder-Straße 31 laufende Friedhof wurde bis 1986 von Ortsgruppe der Liberal-Demokratischen Partei Deutschland (LDPD) gepflegt. Der ehemalige Güstrower Pfarrer Gerhard Voß verzeichnete im Rahmen seiner Fotodokumentation jüdischer Friedhöfe in Mecklenburg im Jahr 1988 noch 19 vorhandene Grabsteine. Im gleichen Jahr wurde der Friedhof neu gestaltet, wobei spätestens dann die Grabsteine aufgerichtet worden sein müssen.
Der heute etwa 780 qm große Friedhof verfügt noch über 14 Grabsteine und ein unbekanntes Fragment, das möglicherweise früher zu einem Grabstein gehörte. Es ist unbekannt, was mit den fehlenden fünf Grabsteinen passiert ist. Das Gelände wird von der Stadt gepflegt und ist in einem ausgesprochen würdigen Zustand.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 13.05.2017)
- Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
- Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
- Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
- Frank, Doreen: Jüdische Begräbnisstätten in Parchim, Schriftenreihe des Heimatbundes e. V., Pütt, Parchim in Mecklenburg 2012, S. 20–23
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-7/1, Nr. 9048; Rep. 5.12-7/12, Nr. 58 (Regierungskommissar beim Israelitischen Oberrat)
- Stadtarchiv Ludwigslust: Sig. 1/119, Antwort der Stadt vom 29. Juni 1935 auf das Rundschreiben der NSDAP Gauleitung Mecklenburg-Lübeck, Gauamt für Kommunalpolitik, vom 20. Juni 1935
- Stadtarchiv Ludwigslust: Sig. 1/119, Auflösungsvertrag der Gemeinde Lübz vom 28. März 1916
- Voß, Gerhard: Fotodokumentation jüdischer Friedhöfe in Mecklenburg, 1986-2004