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Jüdischer Friedhof Hagenow

Region: Ludwigslust-Parchim
Adresse: Hagenow, Friedrich-Heincke-Straße (Pätower Weg)
Erhaltung: Mahnmal ohne Grabsteinbestand

Geschichte des Friedhofs

Mangels jeglicher Hinweise auf eine jüdische Besiedlung während der Erstphase, kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, ob es möglicherweise schon damals einen jüdischen Friedhof in der Stadt Hagenow gegeben haben könnte. Der heute bekannte Friedhof stammt erst aus der Zeit nach der Wiederbesiedlung. Nach Quellen im Archiv des Hannah-Meinungen-Hauses muss dieser jüdische Friedhof im Jahre 1806 auf einem Ackergrundstück am Pätower Weg angelegt worden sein und war vermutlich zunächst nur gepachtet. Im Gegensatz zu anderen jüdischen Friedhöfen in Mecklenburg war der Hagenower Begräbnisplatz mit etwa 1700 qm überdurchschnittlich groß. Bereits in dieser Zeit war er von einer Findlingsmauer umgeben.

Nicht wie bei den meisten Mecklenburger Orten kann jedenfalls für Hagenow die Frage beantwortet werden, wo die Toten in der Zeit nach der Entstehung der Gemeinde ab 1764 bestattet wurden. Wie dem Antrag an den Herzog zur Anlegung eines eigenen Begräbnisplatzes in Hagenow vom 15. März 1806 zu entnehmen ist, wurden die Verstorbenen zuvor auf dem entfernten jüdischen Friedhof in Schwerin bestattet. Nachdem es in Hagenow den jüdischen Friedhof gab, wurden hier auch die Toten aus Lübtheen bestattet, die ihre Verstorbenen wohl ebenso beschwerlich nach Schwerin hatten bringen müssen. Das Bestehen einer jüdischen Bestattungsgesellschaft, der sogenannten Chewra Kaddischa, ist in Hagenow zwar derzeit nicht nachweisbar, jedoch sehr wahrscheinlich.

1867 wurde der Friedhof mit Unterstützung des Großherzogs Friedrich Franz I. erneut eingefriedet und erhielt ein eisernes Tor. Mit dem Schrumpfen der Gemeinde nahm auch die Bedeutung des Friedhofs ab. Nach etwa 1900 fanden nur noch sechs Beerdigungen statt, worunter sich auch verstorbene jüdische Kriegsgefangene des Ersten Weltkriegs befanden.

Ab 1933 wurde dieser durch die Familie Meinungen gepflegt. Am 25. November 1937 fand mit der Beisetzung des letzten Gemeindevorstehers Samuel Meinungen die letzte Bestattung statt. Während der Zeit des Nationalsozialismus war der jüdische Friedhof, im Gegensatz zur Hagenower Synagoge, unangetastet geblieben und auch zur „Reichskristallnacht“ 1938 nicht geschändet worden zu sein. Der Plan, das Grundstück der Stadt Hagenow zu verkaufen, wurde bis Kriegende nicht mehr umgesetzt.

1948 wurde die Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg Eigentümerin des Friedhofes, auf dem immer noch etwa 35 Grabsteine vorhanden waren. Obwohl die Stadt 1949 plante, den Friedhof zunächst wieder herzurichten, verschwand in der Folgezeit die Feldsteinmauer, da diese zur Pflasterung der angrenzenden Straße verwendet wurden. In den 1950er oder 1960er Jahren wurde das Gelände planiert und die dort immer noch befindlichen Grabsteine als Teile des Fundamentes eines Stellplatzes verwendet. 1962 gelangte das Grundstück in kommunalen Besitz und wurde als Betriebsgelände genutzt. Erst gegen Ende der DDR-Zeit erinnerte man sich an die frühere Bedeutung des Grundstücks und man stellte hier ein Gedenkstein auf.

Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde die Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg wieder Eigentümerin. 2010 wurde das Grundstück erneut beräumt, auch mit Hilfe eines Schülerprojektes der Friedrich-Heincke-Schule. Die dabei aufgefundenen, vormals verbauten Grabsteine, darunter auch der Grabstein von Samuel Meinungen, sind in Absprache mit dem Landesrabbiner William Wolff vom Hagenower Museum geborgen worden.

Als der Friedhof angelegt worden war, befand sich dieser noch außerhalb der Stadt, liegt nun aber im Süden der Stadt in der Friedrich-Heincke-Straße. Schätzungen zufolge muss es etwa 120 Beerdigungen gegeben haben. Seine Größe mit etwa 1700 qm ist für die Mecklenburger Landstädte überdurchschnittlich. Die Familiennamen der ehemaligen jüdischen Einwohner sind seit 2014 auf einem dort aufgestellten Gedenkstein aufgeführt.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 23.01.2016)
Quellen: