Jüdischer Friedhof Laage

Region: Rostock
Adresse: Laage, auf dem Scheibenberg hinter der Gartenstraße
Erhaltung: geschlossener Friedhof ohne Grabsteinbestand

Geschichte des Friedhofs

Da es in der Stadt Laage während der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs vermutlich noch keine jüdischen Einwohner gegeben hat, dürfte hier damit auch kein jüdischer Friedhof in dieser Phase existiert haben.

Der jüdische Friedhof von Laage wurde erst nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs angelegt und soll mehreren Sekundärquellen zufolge schon vor 1800 bestanden haben. Nach den vorhandenen Primärquellen können sich in Laage die ersten Schutzjuden erst weit nach 1760 angesiedelt haben. Auch die kleine Anzahl der in Laage ansässigen Juden lässt eine so frühe Genehmigung zur Anlage eines jüdischen Friedhofs zunächst unwahrscheinlich erscheinen und muss deshalb weiter plausibilisiert werden. Der Friedhof wurde außerhalb der Stadt in den Recknitzwiesen auf dem früher als Judenberg bekannten Scheibenberg angelegt. Er war sehr klein. Seine Größe betrug selbst im 20. Jahrhundert nur 265 qm. Die Gemeinde hatte damals ein Grundgeld von 121,14 Mark zu zahlen.

Im Rahmen der Auslösungsbestrebungen der Gemeinde im Jahr 1913 stellte die Gemeinde am 28. Mai 1913 gegenüber dem Israelitischen Oberrat klar, dass der Kanon trotz der finanziellen Schwierigkeiten zwar immer noch bezahlt werde, man aber eine Lösung zur Übernahme der Pflege des Grundstücks suche. Die Stadt Laage erklärt sich bereit, gegen eine Zahlung von 2000 Mark die Pflege des Friedhofes zu übernehmen, diesen jedoch nicht kaufen zu wollen. Nach zahlreichem Briefwechsel zwischen dem Magistrat, dem Israelitischen Oberrat und dem zuständigen Ministerium in Schwerin und erklärte der Patron der Laager Gemeinde am 14. September 1914 die Übernahme des Friedhofes durch die Stadt für gescheitert.

Daraufhin einigte man sich, dass die Israelitische Landesgemeinde den Friedhof mit der Einschränkung übernähme, dass lediglich der Kanon weiter gezahlt würde und die Landesgemeinde sich um die Pflege kümmere. Im Gegenzug sollte die jüdischen Gemeinde Laage, die zu diesem Zeiptunkt nur noch aus Albert Mendel bestand, allerdings 1500 Mark an die Israelitische Landesgemeinde zahlen, ein Betrag, über den die Laager Gemeinde bei weitem nicht mehr verfügte. Darüber hinaus musste auch als Ablösesumme für das Grundgeld ein Betrag von 816,75 Mark gezahlt werden, worüber es zum Streit kam, wer diesen zu zahlen hatte. Die Vereinbarung kam nur deshalb zustande, weil die Summe durch private Spenden noch aufgebracht werden konnte. So spendeten eine Frau Bonheim 200 Mark, ein Fräulein Salomon 200 Mark, I. N. Mendel in Hagenow 200 Mark, Clara Levy in Berlin 600 Mark, ein Fräulein Ida Salomon in Rostock 100 Mark, H. Mendel in Laage 100,00 Mark sowie die Gebrüder Leopold in Waren 100 Mark. Mit der offiziellen Auflösung der Gemeinde am 7. Juni 1916 ging der Friedhof schließlich auf die Israelitische Landesgemeinde über. Der noch ausstehende Kanon wurde dann vom letzten Gemeindemitglied Albert Mendel beglichen.

Die mit der Landesgemeinde vereinbarte Pflege wurde praktisch jedoch durch den vor Ort lebenden Albert Mendel durchgeführt, der unter anderem im März 1922 eine Rechnung für die Instandhaltung der Gräber, eine Reparatur des Torbeschlages und der Einfriedung einreichte und die er vorverauslagt hatte.

Auch später noch sorgten sich ehemalige Laager Juden offensichtlich um den Erhalt des kleinen Friedhofs. So ging am 23. Juli 1923 bei der Israelitischen Landesgemeinde eine Spende in Höhe von 250000 Mark für den Erhalt des Friedhofes ein, jedoch unbekannt von wem.

Die letzte Bestattung auf dem Friedhof erfolgte am 8. Juni 1926 mit dem Tod des letzten Gemeindemitglieds Albert Mendel.

Der Friedhof blieb danach nicht unbehelligt. Als Frau Olga Mendel aus Berlin zu Besuch in ihrer ehemaligen Heimatstadt gewesen war, hatte sie eine Beschädigung des Friedhofszauns bemerkt und es der Landesgemeinde gemeldet. Im Jahr 1932 beschädigten dann drei 12- und 13jährige Kinder aus Laage nochmals die Einfriedung des Friedhofes. Die Kosten für die Wiederherstellung betrugen damals jedoch nur 39 Mark. Der Israelitische Oberrat in Rostock bat die Stadt Laage darum, die Eltern der Kinder aufzufordern, den Schaden zu ersetzen. Diese antwortete daraufhin jedoch, die jüdische Gemeinde möge sich selbst an die Eltern wenden. Auch das Ministerium für Unterricht, Kunst und geistliche Angelegenheiten teilte dem Oberrat mit, dass eine Belehrung der Jugendlichen nicht erforderlich sei.

Während der Zeit des Nationalsozialsmus war der Friedhof dann mit einem Bretterzaun umgeben. Da Gegner des Regimes darauf später Losungen gegen die Machthaber anbrachten, ließ die Stadt deshalb im Sommer 1938 den Zaun beseitigen und den Friedhof wiederherrichten, indem dieser mit einem Drahtzaun umgeben und Hecken angepflanzen wurden. Während der Reichskristallnacht 1938 soll der Friedhof unangetastet geblieben sein. Während des Krieges nutzte die Hitlerjugend den Friedhof als Spielplatz, da dieser mittlerweile verwahrlost war. Nach Kriegsende bestand der Friedhof jedoch praktisch nicht mehr.

Noch 1960 sollen Grabsteinreste vorhanden gewesen sein, deren heutiger Verbleib aber ungeklärt ist. Die Stadt stellte später eine hölzerne Gedenktafel rechts neben dem eigentlichen früheren Friedhof auf dem Scheibenberg. Die Friedhofsfläche ist heute Teil eines Naturschutzgebiets und wurde 2016 letztmalig von Gestrüpp beräumt.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 24.03.2017)
Quellen:

  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
  • Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-7/1, Nr. 9069 (Meckl.-Schwerin Ministerium für Unterricht, Kunst, geistliche Angelegenheiten); Rep. 5.12-7/12, Nr. 57 (Regierungskommissar beim Israelitischen Oberrat); Rep. 10.72-1, Nr. 152 (Israelitischer Oberrat)
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)