Twitter Facebook Google LinkedIn Pinterest Tumblr Digg Email

Jüdischer Friedhof Grevesmühlen

Region: Nordwestmecklenburg
Adresse: Grevesmühlen, Vielbecker Weg (Höhe Vielbecker Weg 7)
Erhaltung: Gedenkstätte ohne Grabsteinbestand

Geschichte des Friedhofs

Für eine jüdische Bevölkerung und einen jüdischen Friedhof in der Stadt Grevesmühlen während der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs gibt es derzeit keiner Hinweise. Auch nach der jüdischen Wiederbesiedlung verfügte Grevesmühlen lange Zeit über keine eigene jüdische Begräbnisstätte. Die Toten der drei Nachbargemeinden Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen wurden im 18. Jahrhundert zunächst auf dem fernen jüdischen Friedhof von Schwerin bestattet.

Da dies mit erheblichen Strapazen verbunden gewesen sein dürfte, stellten am 30. April 1799 drei Rehnaer Schutzjuden einen Antrag auf einen eigenen Friedhofsplatz in ihrer Stadt. Dies wurde durch den Herzog am 6. Juli 1799 bewilligt und so wurde noch im gleichen Jahr der Plan in die Tat umgesetzt. Die Friedhof stand von da an den drei jüdischen Gemeinden Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen als Begräbnisstätte zur Verfügung.

Spätestens 1811 gab es eine Chewra Kaddischa, die jüdische Bestattungsgesellschaft, gemeinsam mit Gadebusch, Rehna und Grevesmühlen. Sie wurde 1845 wieder aufgelöst, wonach jede Gemeinde über ihre Bestattungsangelegenheiten eigenständig entschied.

Erst am 5. September 1859 beantragte die Grevesmühler Gemeinde einen eigenen Begräbnisplatz in der Stadt, dem aber offensichtlich nicht stattgegeben wurde. Die Gründe, die zum Wunsch eines eigenen Bestattungsplatzes führten sind unbekannt. Diese Bitte wurde 1877 nochmals wiederholt und im Oktober vom Herzog wieder abgelehnt. Einer Erwähnung vom 8. Juni 1917 zufolge muss der Friedhof jedoch noch 1877 der Gemeinde zur Verfügung gestellt worden war. Sie erhielt ein Grundstück am Rande eines Scheunenviertels in der Nähe des Vielbecker Sees am heutigen Vielbecker Weg, das jedoch im Eigentum der Stadt Grevesmühlen verblieb. Dafür hatte die Gemeinde einen jährlichen Kanon von 4 Mark zu zahlen, der jederzeit gegen einen Betrag von 100 Mark abgelöst werden durfte.

Bis zur Emigration der Familie des Textilkaufmanns und Kaufhausbesitzers Max Salomon im Jahre 1935 wurde der Friedhof noch gepflegt, verwahrloste danach jedoch. Fest steht, dass der Grevesmühlener Friedhof in den Folgejahren der Herrschaft des Nationalsozialismus zerstört wurde. Zur Frage, wann genau dies erfolgte, existieren jedoch widersprüchliche Angaben und schwanken zwischen der „Reichskristallnacht“ am 9./10.November 1938 und dem Jahr 1940. Kein einziger Grabstein überstand diese Zeit.

Nach 1945 wurde das Gelände unter Denkmalschutz gestellt und 1948 ein Gedenkstein für die Opfer des Faschismus auf Friedhof errichtet. 1966 erfolgte ein Umbau zu einer Gedenkstätte mit einer Größe von etwa 420 qm. Es erhielt ein schmiedeeisernem Tor mit Davidsternen. Am 5. September 2002 wurde der Friedhof geschändet. Heute wird die Gedenkstätte von der Stadt gepflegt und ist in einem würdigen Zustand.

-----
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 06.05.2017)
Quellen:

  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
  • Bollensdorf, Klaus: Rehnaer Miniaturen, Kulturinitiative Maurine-Radegast e. V., Rehna 2001
  • Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
  • Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
  • Guderian, Dieter: Die Löwenthals: eine jüdische Familie aus Mecklenburg, Cardamina-Verlag, Plaidt 2006
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-7/1, Nr. 9050 (Meckl.-Schwerin Ministerium für Unterricht, Kunst, geistliche Angelegenheiten)