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Jüdischer Friedhof Schwerin

Region: kreisfrei
Adresse: Schwerin, Am Heidensee/Ecke Bornhövedstraße (Vorgänger Ecke Mühlen-/Apothekerstraße)
Erhaltung: geschlossener Friedhof mit Grabsteinbestand

Geschichte des Friedhofs

Der älteste bekannte jüdische Friedhof der Stadt Schwerin stammt erst aus der Phase der jüdischen Wiederbesiedlung im 17. Jahrhundert. Ob es zuvor schon eine jüdische Begräbnisstätte hier gegeben hat, ist ungeklärt. Ausgeschlossen wäre dies jedoch nicht, da es hier damals nachweislich zumindest einige ansässige Juden in der Stadt gab.

Bereits in diese Zeit fällt auch der Gründungszeitpunkt des ersten jüdischen Friedhofs von Schwerin. 1694 oder 1696 wurde auf Antrag des Hofjuden Michel Ruben Hinrichs (später Hinrichsen) vom Herzog Herzog Friedrich Wilhelm I. ein Grundstück in der Größe von 36 x 30 Fuß auf einem Berg auf dem Schelffeld in der Nähe des Pfaffenteichs als Begräbnisfläche zugewiesen. Das Gelände dürfte sich wohl im heutigen Bereich Schweinemarkt oder Ecke Mühlen-/Apothekerstraße befunden haben. Gleichzeitig erlaubt der Herzog den hauptsächlich aus Hamburg stammenden Juden jedoch gleichzeitig, ihre Toten in ihrer Heimatstadt zu bestatten. Bei diesem Friedhof dürfte es sich damit um die älteste jüdische Begräbnisstätte Mecklenburgs nach der Wiederansiedlung der Mecklenburger Juden gehandelt haben.

Schon bald wurde am östlichen Rand des Berges Sand als Baumaterial abgegraben. Darüber hinaus hinderte der Friedhof zusätzlich den weiteren Ausbau der Schweriner Neustadt. Er wurde deshalb widersprüchlichen Quellenangaben zufolge 1707 oder 1717 nach entsprechendem Antrag von Ruben Michel Hinrichs für 32 Reichstaler auf ein neues Grundstück von 50 x 50 Fuß Größe an den nahen Schwälkenberg im Schelffeld verlegt und später mehrfach erweitert, bis er zuletzt eine Größe von 6000 qm vorwies.

Schon am 21. Februar 1760 wurde hier eine jüdische Begräbnisgesellschaft, die sogenannte Chewra Kaddischa, gegründet. Um 1768 soll es bereits 23 Gräber auf dem Friedhof gegeben haben, welcher durch einen hohen Bretterzaun mit einem Tor umgeben war. Auf Schweriner Stadtplänen taucht er jedoch erstmals 1819 auf. Um 1800 wurde eine Leichenhalle mit Friedhofswärterwohnung erbaut. Diese muss bis mindestens 1857, vermutlich sogar bis 1899, bestanden haben, denn bereits 1899 wurde eine neue Feierhalle errichtet.

Zur „Reichskristallnacht“ 1938 wurde der Friedhof geschändet, die letzte Beisetzung fand dennoch noch 1940 statt. Der Friedhof wurde dann später zur Flak-Stellung ausgebaut, wobei dortige Grabsteine als Baumaterial herhalten mussten. Dies führte letztlich dazu, dass der jüdische Friedhof von Schwerin nach Kriegsende komplett zerstört war. Im April 1947 wurde dieser dann durch die neu gegründete Jüdische Landesgemeinde Mecklenburg instand gesetzt, wobei einige Grabsteine mangels Kenntnis ihres ursprünglichen Standplatzes halbkreisförmig aufgestellt wurden. Im Oktober 1948 wurde auf dem Gelände ein Gedenkstein aufgestellt. Danach sank offensichtlich das Interesse an der Erhaltung des Friedhofs, denn 1950 mussten 900 qm des Friedhofsgeländes an die Stadt abgegeben werden, da eine Straße durch den ehemaligen Friedhof gelegt werden sollte. So zerfiel dieser danach in zwei Teile: einen nördlichen mit dem Gräberfeld und einem südlichen mit der Feierhalle. Nur drei Jahre später, im Jahr 1953, mussten weitere 800 qm für den Bau einer Kläranlage abgegeben werden. In den 1960er Jahren fand nochmals eine Umgestaltung des Restfriedhofs statt. Im Februar 1974 wurde dieser geschändet.

Der jüdische Friedhof von Schwerin liegt heute am nordöstlichen Stadtrand Schwerins zwischen dem Schweriner Innen- und Heidensee an der Kreuzung der Straßen Am Heidensee und Bornhövedstraße. In der noch vorhandenen Feierhalle erinnern zwei Namenstafeln an die während der Zeit des Nationalsozialismus Deportierten. Etwa 58 Grabsteine sind noch vorhanden. Davon sind noch etwa 44 lesbar, zwei Grabsteine stammen aus der Zeit nach dem Krieg. Die auf diesem Friedhof nachweislich Bestatteten waren Mitglieder der Familien Aaron/Aarons, Ahrens, Ascher, Asser, Behrend, Bonheim, Borchard, Casler, Cohen, Detmar, Friedheim, Friedländer, Haag, Hasford, Heidenheim, Hinrichsen, Hirsch, Israel, Jacobsen, Jaffe, Jonas, Josephi, Ladewig, Lehmann, Löwenthal, Mendel, Michaelsen, Nickelsburg, Oppenheimer, Pommer, Rubenson, Salomon, Schlomann, Silberkäufer, Simoni und Sussmann.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 03.08.2016)
Quellen:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Schwerin)
  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
  • Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
  • Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
  • Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998
  • Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
  • Tychsen, Oluf Gerhard: Bützowische Nebenstunden, verschiedenen zur Morgenländischen Gelehrsamkeit gehörigen mehrentheils ungedruckten Sachen gewidmet, Theil 1-6, Müller, Bützow und Rostock 1766-1769