Jüdischer Friedhof Bützow
Region: Rostock
Adresse: Bützow, Kühlungsborner Straße 52
Erhaltung: Geschlossener Friedhof mit Grabsteinbestand
Erfasste Gräber, Grab- und Gedenksteine: 65
Geschichte des Friedhofs
Ob es bereits Juden während der Zeit der jüdischen Erstansiedlung in der Stadt Bützow gegeben hat, kann derzeit nicht belegt werden, so dass auch keine Aussage über einen damals existierenden jüdischen Friedhof gemacht werden kann. Der heute bekannte jüdische Friedhof von Bützow stammt aus der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs. Wie der Orientalist Oluf Gerhard Tychsen zu berichten weißt, soll dieser um 1740 durch den zweiten Lehrer, Rabbiner Lebh bzw. Levin aus Metz, „an einem Winkel des Klueschen Berges“ oder auf dem „Klueschenbarg“ eingeweiht worden sein. Es handelte sich dabei um ein domaniales Grundstück oberhalb der Gabelung der Straßen nach Wismar und Kröpelin, das deshalb wohl durch die Bützower Gemeinde nur gepachtet wurde. Die erste Bestattung fand hier schon 1740, wobei es sich um den ersten Lehrer der Gemeinde namens Reßriel gehandelt haben könnte. Auch sein Nachfolger, Rabbi Lebh, soll hier seine letzte Ruhe gefunden haben.
Wie der ehemals in Bützow ansässige Regionalhistoriker Joachim Steinmann vermutet, wurden zunächst keine steinernen Grabsteine verwendet, sondern aus Kostengründen nur Eichenplanken, was das heutige Fehlen von älteren Grabsteinen erklären würde. Der Friedhof wurde mehrmals vergrößert, so 1800 auf Bitten eines Levin Wulff sowie nochmals 1821. Am Ende hatte dieser dann vermutlich eine Gesamtgröße von etwa 1800 qm. 1876 kam das Friedhofsgrundstück mit dem Gesamtgelände des Bauhofes in das Eigentum der Stadt. Die Gemeinde konnte deshalb in diesem Jahr den Friedhof kaufen, zäunte das Gelände ein und legte einen separaten Zugang an.
Zwischen 1918 und 1920 soll hier die letzte Beerdigung stattgefunden haben. Als die jüdische Gemeinde von Bützow im April 1922 sich auflösen musste und an die Güstrower Gemeinde angeschlossen wurde, wurde der Friedhofs durch die Jüdische Landesgemeinde übernommen. Erst 1925 wurde auch der der Gemeinde Bützow gehörende Leichenwagen an die jüdische Gemeinde von Grabow verkauft. Trotz allem wurde der Friedhof von den wenigen Bützower Juden bis 1937 weitergepflegt. Zur „Reichskristallnacht“ 1938 wurde er dann aber Ziel von Verwüstungen, wobei Grabsteine umgestoßen wurden. Die Stadt Bützow beantragte 1943 die Einebnung des Geländes. Auch wenn dem erwartungsgemäß stattgegeben wurde, erfolgte es dann nicht mehr. Gegen Kriegsende wurden die Grabsteine dann vollständig abgeräumt und als Panzersperren verwendet. Nach Kriegsende befahl der Sowjetische Stadtkommandant Major R. M. Lewenberg, selbst jüdischer Abstammung, die Wiederaufstellung der Steine, eine Aktion, die von Mitgliedern der NSdAP durchgeführt werden musste.
Auf Beschluss der SED-Ortsgruppe im März 1947 wurde der Friedhof durch nationalsozialstisch Belastete nochmals weiter hergerichtet. 1953 zählte der Kantor Scheidemann noch 92 Grabsteine. Im Jahr 1955 entschied sich die Jüdischen Landesgemeinde, einen Teil des Friedhofs von 1250 qm für 800 DM an die Bützower Stiftskirche zu veräußern, allerdings ohne das Eigentum an den Grabsteinen aufzugeben, Gleichzeitig wurde vereinbart, dass der Käufer bis 1999 den Friedhof zu pflegen habe. Seit 1961/62 fanden deshalb weitere Belegungen auf den angekauften Teilen des Geländes statt. Bereits im April 1960 soll der Friedhof geschändet worden sein. 1986 kam es zu Planungen, dem Friedhof ein würdigeres Äußeres zu geben. Er wurde schließlich 1988 rekonstruiert, wobei allerdings Geländeteile an den städtischen Friedhof angegliedert worden sind. Zu diesem Zeitpunkt zählte man nur noch 78 Grabsteine. Im Sommer 1988 wurde der jüdische Friedhof von Bützow auf die Kreisdenkmalliste gesetzt und am 9. November 1988 ein Gedenkstein aufgestellt. Der Friedhof wurde nach der Wiedervereinigung mindestens ein Mal am 7. September 2002 geschändet.
Heute werden zwei Drittel des Friedhofs für Neubelegungen durch die evangelische Gemeinde genutzt, der restliche Friedhof mit den jüdischen Grabsteinen ist durch einen Zaun abgetrennt. Der Friedhof wird heute von einer kirchlichen Interessengemeinschaft gepflegt.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 28.05.2016)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdischer_Friedhof_(Bützow)
- Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
- Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
- Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-7/12, Nr. 56
- Steinmann, Joachim: Juden in Bützow, Manuskript, Bützow 1989
- Tychsen, Oluf Gerhard: Bützowische Nebenstunden, verschiedenen zur Morgenländischen Gelehrsamkeit gehörigen mehrentheils ungedruckten Sachen gewidmet, Theil 1-6, Müller, Bützow und Rostock 1766-1769