Jüdischer Friedhof Stavenhagen
Region: Mecklenburgische Seenplatte
Adresse: Stavenhagen, Stadtholz
Erhaltung: zerstört, Freifläche als Gedenkort ohne Grabsteinbestand
Geschichte des Friedhofs
Ob es während der Zeit der jüdischen Erstbesiedlung Mecklenburgs in Stavenhagen einen jüdischen Friedhof gegeben hat, ist unbekannt. Der heute bekannte jüdische Friedhof wurde recht früh nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs im Jahr 1764 etwa einen Kilometer östlich der Stadt in Richtung Ivenack auf einer bewaldeten Anhöhe am Rande des Stadtholzes angelegt. Vermutlich diente dieser auch den Malchiner Juden zumindest vor der Anschaffung eines eigenen Friedhofs im 18. Jahrhundert als Begräbnisplatz.
Schon 1825 musste der Friedhof aufgrund des Anwachsens der Stavenhagener Gemeinde vergrößert werden. Aus diesem Jahr liegt auch der erste Hinweis auf das Bestehen einer Chevra Kaddischa, einer jüdischen Beerdigungsgesellschaft, in Stavenhagen vor. 1884 kam es zu einer erneuten Erweiterung um 30 Quadratruten als Erbpachtgelände. Schon 1890 wurde der Friedhof gegen Zahlung von 2000 Mark abermals um 100 Quadratruten vergrößert, 1893 und 1894 erneut. Der Friedhof hatte damit eine für die Mecklenburger Gemeinden überdurchschnittliche Größe von über 1800 qm.
Nachdem die Malchiner Gemeinde aufgelöst worden war, übernahm die Stavenhagener Gemeinde im Jahr 1926 den Malchiner Leichenwagen. Anders als in den meisten Mecklenburger Gemeinden befand sich der jüdische Friedhof von Stavenhagen noch 1938 in einem sehr guten Zustand, was der Pflege jüdischer Einwohner zu verdanken ist, darunter auch des letzten Rabbiners von Stavenhagen Sally Schlachter. Zur „Reichskristallnacht“ wurde der Friedhof jedoch am Vormittag des 10. November 1938 verwüstet, die Friedhofshalle und der Leichenwagen verbrannt. Im Anschluss wurde er von den letzten in Stavenhagen lebenden jüdischen Einwohnern nochmals instandgesetzt. Schon ab 1942 wurden Eisenteile auf dem Friedhof zur Versorgung der Kriegswirtschaft demontiert. Am 5. Februar 1943 erklärte der Stavenhagener Bürgermeister den Friedhof schließlich zu städtischem Eigentum, ließ das Gelände einebnen und aufforsten. Die beräumten Grabsteine und Grabeinfassungen sollen von einem ortsansässigen Steinmetz abgeholt und weiterverarbeitet worden sein. Er soll sich aus diesem Grund nach Kriegsende das Leben genommen haben.
Zu DDR-Zeiten entstand direkt neben dem ehemaligen Friedhofsgelände ein Sportplatz. 1970 wurde eine erste Baracke für den Sportplatz auf dem Gelände errichtet. Bei den Schachtarbeiten kamen menschliche Gebeine zum Vorschein, deren Verbleib ungeklärt ist. 1979 wurde ein Sportlerheim errichtet, welches nach der Wiedervereinigung im Zusammenhang mit der Planung einer jüdischen Gedenkstätte 1992 wieder abgerissen wurde. 1995 wurde das Grundstück dem Landesverband Jüdischer Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern übertragen. 1997 erfolgte eine nochmalige Beräumung des Geländes durch ein Jugend-Camp. Mittlerweile weist eine Gedenktafel auf den früher hier bestehenden jüdischen Friedhof hin.
Im März 2018 fand man bei Bauarbeiten in Ivenack Grabsteine des ehemaligen jüdischen Friedhofs, die dort als Untergrundmaterial im Fußboden des Teehauses verwendet wurden. 31 Teile von Grabsteinen konnten geborgen werden. Sie wurden in die Synagoge von Stavenhagen gebracht, wo sie gereinigt, dokumentiert, vermessen und katalogisiert wurden.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 07.05.2016)
- http://www.alemannia-judaica.de/mecklenburg_vorpommern_friedhoefe.htm#Reuterstadt%20Stavenhagen%20(DM)
- Unterrichtsprojekt „Stätten jüdischen Lebens in Stavenhagen“ der KGS Stavenhagen
- Newsletter Synagoge Stavenhagen 3/2018
- Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg, Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, Braunschweig 2010