Jüdischer Friedhof Tessin
Region: Rostock
Adresse: Tessin, (am südlichen Prangenberg)
Erhaltung: geschlossener Friedhof ohne Grabsteinbestand
Erfasste Gräber, Grab- und Gedenksteine: 11
Geschichte des Friedhofs
Da schon bereits unklar ist, ob es in Tessin nach der jüdischen Erstebesiedlung Mecklenburgs eine jüdische Gemeind gegeben hat, kann auch zu einem damals existierenden jüdischen Friedhof derzeit keine Aussage getroffen werden. Erst aus der Phase nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs ist ein Friedhof bekannt. In der Zeit, als die jüdische Gemeinde von Tessin noch keinen Friedhof besaß, musste diese ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof von Neubukow bestatten.
Der jüdische Friedhof von Tessin muss nach der im Jahr 1821 erteilten Genehmigung etwa zwei Kilometer außerhalb der Stadt in Richtung Cammin am Südhang des Prangenberges angelegt worden sein. Er hatte ursprünglich eine Größe von etwa 700 qm und war mit Feldsteinmauer umgeben. In den Jahren von 1851 bis 1853 wurde der Friedhof erweitert. Renovierungen der Feldsteinmauer wurden 1858, 1873 und 1886 durchgeführt. Spätestens 1924 war der neben dem Synagogengrundstück auch das Friedhofsgrundstück mit einer Hypothek belastet, befand sich aber noch im Eigentum der Tessiner Gemeinde.
Als die Synagoge im Januar 1938 an Heinrich Büttner verkauft worden war, erklärte sich dieser auch bereit, die Friedhofspflege zu übernehmen. Nach einem Schreiben des Rostocker Rechtsanwalts Richard Josephy an den Güstrower Rechtsanwalt Marcus vom 21. Januar 1938 gab es in diesem Jahr Pläne, den Friedhof durch die Landesgemeinde zu übernehmen, „[...] damit es uns nicht wieder so ergeht wie in Ribnitz“. Der Eigentumsübergang erfolgte nur kurze Zeit später am 29. Januar 1938.
Während der Herrschaft des Nationalsozialismus muss der Friedhof mehrfach geschändet worden sein, insbesondere war der vordere Teil der Feldsteinmauer eingerissen. Auch nach 1945 sollen Jugendliche den Friedhof geschändet haben. Noch in den Folgejahren kam es zu Versuchen von Tessiner Schülern, den Friedhof zu erhalten, dessen Zustand sich dennoch immer weiter verschlechterte.
Erst 1987 wurden mit Zustimmung der Jüdischen Landesgemeinde Mecklenburg Reste von Grabsteinen geborgen und zusammen mit einem bereits vorhandenen Gedenkstein auf den jüdischen Friedhof Rostock gebracht. Unklar ist, ob dabei auch die Überreste der Bestatteten exhumiert wurden. Im Herbst 1988 wurde der eingestürzte vordere Teil der Feldsteinmauer abgetragen. Der Friedhof wurde dann im Sommer 1992 rekonstruiert, wobei die hintere, noch vorhandene Feldsteinmauer renoviert und der vordere Teil durch eine neue, markante rote Ziegelsteinmauer mit eisernem Tor ersetzt wurde. Der zuvor nach Rostock verbrachte Gedenkstein wurde wieder auf den Tessiner Friedhof zurückgeführt. Der Friedhof ist heute in einem gut gepflegten Zustand. Außer dem Gedenkstein befinden sich darüber hinaus aber keinerlei Grabsteine mehr dort.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 02.09.2016)
- Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
- Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
- Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 10.72-1, Nr. 128 (Israelitischer Oberrat); Rep. 10.72-3/1, Nr. 450 (Jüdische Gemeinden)