Jüdischer Friedhof Bad Sülze
Region: Vorpommern-Rügen
Adresse: Bad Sülze, Kastanienallee 9
Erhaltung: eingeebnet und überbaut
Geschichte des Friedhofs
Da aus der ersten Phase der jüdischen Besiedlung Mecklenburgs keinerlei Hinweise auf eine jüdische Bevölkerung in der Stadt Sülze vorhanden sind, kann derzeit auch keine Aussage darüber getroffen werden, ob es hier möglichweise damals schon einen jüdischen Friedhof gegeben hat.
Den Überlieferungen des Güstrower Rabbiners Dr. Leopold Donath zufolge sollen die Stralsunder Juden in Ermangelung eines eigenen Friedhofs schon vor 1765 ihre Toten auf Friedhöfen in Sülze und Ribnitz bestattet haben. So soll der Sülzer Friedhof bereits um 1760 auf dem Schindanger angelegt worden sein. Ganz plausibel erscheint das heute nicht, denn der erste nachweisbare Schutzjude von Sülze erhielt erst 1760 sein Privileg für diese Stadt. Zu diesem Zeitpunkt dürfte damit noch gar keine Notwendigkeit für einen jüdischen Friedhof in Sülze bestanden haben.
Über den Friedhof ist relativ wenig überliefert. Er wird erst im April 1860 wieder aktenkundig, als „zum Bau des Friedhofes“ zahlreiche Spenden aus der Gemeinde und aus Mecklenburg und sogar aus dem Ausland von ehemaligen Sülzer Juden gesammelt wurden. Ob damit die Errichtung eines neuen Begräbnisplatzes oder nur die Wiederherrichtung des alten gemeint war, ist nicht klar. Dieser Friedhof scheint jedoch nicht im Eigentum der jüdischen Gemeinde gestanden zu haben, denn laut einer Gemeindeniederschrift vom 7. Mai 1884, die von den damaligen Vorstehern Clara Valentin und I. Löwenthal angefertigt worden war, sorgte man sich um den Erhalt der Gräber, weswegen man für einen Ankauf des Friedhofes insgesamt 450 Mark benötigte. Auch hier wurde der Betrag letztlich durch zahlreiche Spenden aufgebracht. Am 2. April 1885 bestätigt der Magistrat dann schriftlich die Ablösesumme für das Grundstück mit Friedhof und Synagoge in Höhe von 392,75 Mark, wovon 175,50 Mark auf den Friedhof mit einer Größe von 15 Quadratruten entfielen. Um 1910 sollen die letzten Bestattungen auf dem Friedhof erfolgt sein, der unmittelbar hinter dem kirchlichem Friedhof Rosengarten in der heutigen Kastanienallee lag.
Mit der Auflösung der jüdischen Gemeinde von Sülze im April 1914 ging das Eigentum des Friedhofs auf die Israelitische Landesgemeinde über. Der Wert des Grundstückes wurde zur Auflösung der Gemeinde mit 1500 Mark angegeben. Diese hatte für den Friedhof in Sülze eine Grundsteuer in Höhe von 3 Mark für die Jahre 1920-21 zu zahlen, ab 1922 betrug diese dann 6 Mark. Um die Pflege des Friedhofes kümmerte sich ab 1923 Aaron Louis Levy, zunächst unentgeltlich, ab 1926 beglich seine eingereichten Rechnungen der Israelitische Oberrat. Unter anderem hatte Aron Levy den Gartenbaubetrieb Paul Asmus mit der Pflege der Gräber beauftragt, wofür von 1926 bis 1929 35 Mark und von 1930 bis 1932 45 Mark in Rechnung gestellt wurden. Danach setzte der Oberrat fest, dass zukünftig höchstens 35 Mark für die Pflege ausgegeben werden dürfe.
Das Schicksal des Friedhofs während der Zeit des Nationalsozialismus ist nicht bekannt. 1945 soll er in einem verwahrlosten Zustand gewesen und später verkauft worden sein. Die Reste des Friedhofs mussten 1986 einem Kindergarten und einem Heizhaus weichen.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 15.02.2017)
- Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
- Donath, Leopold: Geschichte der Juden in Mecklenburg von den ältesten Zeiten (1266) bis auf die Gegenwart (1874), Verlag Oskar Leiner, Leipzig 1874
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 5.12-7/12, Nr. 46 (Regierungskommissar beim Israel. Oberrat); Rep. 10.72-1, Nr. 143 (Israelitischer Oberrat); Rep. 10.72-3/1, Nr. 401 (Jüdische Gemeinden), Nr. 404 (Gemeinderechnungen)
- Salzmuseum Bad Sülze (Külper, Sigrid): Auskunft vom 27. Juli 2016
- Wilhelmus, Wolfgang: Juden in Vorpommern, Reihe Beiträge zur Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns Nr. 8, Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern, 3. überarbeitete und erweiterte Fassung, Schwerin 2007