Jüdischer Friedhof Alt-Strelitz
Region: Mecklenburgische Seenplatte
Adresse: Neustrelitz, Kalkhorstweg / Ecke Vogelsandweg
Erhaltung: Gedenkstätte mit geringem Grabsteinbestand
Geschichte des Friedhofs
Ob es während der ersten Phase der jüdischen Besiedlung in der Stadt Strelitz jüdische Einwohner und damit auch einen jüdischen Friedhof gegeben hat, ist unbekannt. Erst aus der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung sind mehrere jüdische Friedhöfe in den beiden Nachfolgestädten von Strelitz, Alt-Strelitz, Altstrelitz oder Strelitz Alt einerseits und Neustrelitz andererseits, bekannt.
Der älteste von diesen Friedhöfen befindet sich in Alt-Strelitz. Als die ersten Juden von Strelitz, Jakob Isaak und Simon Moyses, beim Herzog Adolf Friedrich II. im Oktober 1704 ihre Privilegien und Niederlassungserlaubnisse erhielten, war damit gleichzeitg auch die weitsichtige Genehmigung erteilt worden, einen Friedhof zur Bestattung ihrer Toten anzulegen. Durch die Fürsprache Jakob Isaaks beim Herzog erhielten sie ein Grundstück der Liegenschaften des alten Schlosses in östlicher Richtung der späteren Stadt Alt-Strelitz, jedoch weit außerhalb der Stadt im Flur Vogelsang am Rande der Kalkhorst. Es dauerte jedoch bis 1728 als dieser dann wirklich dort angelegt wurde. Er sollte sich später zu einem der größten jüdischen Friedhöfe Mecklenburgs entwickeln und dann letztlich nach mehreren Erweiterungen eine Größe von etwa 4500 qm haben. Der Friedhof bekam noch im 18. Jahrhundert eine Umfassungsmauer, ein Friedhofswärter- und ein Leichenhaus. Hier wurden dann nicht nur Bestattungen aus Strelitz und den Nachfolgestädten vorgenommen, sondern aus dem gesamten Stargarder Kernland von Mecklenburg-Strelitz. Es sollen hier über 1500 Beerdigungen stattgefunden haben. Die letzte Beisetzung war dann 1937.
In der „Reichskristallnacht“ am 9./10. November 1938 wurde der Alt-Strelitzer wie auch der Neustrelitzer Friedhof verwüstet, allerdings gibt es unterschiedliche Aussagen zum Grad der Zerstörung. 1942 wurde etwa die Hälfte der Friedhofsfläche einschließlich der Leichenhalle von der Stadt an einen Hühnerzüchter verpachtet.
Nach dem Krieg wurden 1948 oder 1949 zumindest einige damals umgestürzte Grabsteine von Insassen eines Jugendwerkhofes wieder aufgerichtet. Im Jahr 1956 verkaufte die Jüdische Landesgemeinde den Alt-Strelitzer Friedhof bis auf ein Sechstel der ursprünglichen Fläche an privat. Im Anschluss wurden in einer unfassbaren Aktion etwa 100 noch erhaltene Grabsteine abgeräumt und im Stadthafen versenkt oder gleich zertrümmert und deren Bruchstücke unter anderem zur Pflasterung in der Stadt verwendet. Nur drei Relikte überstanden diese Barbarei, darunter die Grabsteine des Landesrabbiners Dr. Jacob Hamburger und des Lexikografen Prof. Dr. Daniel Sanders, an die man sich wohl aufgrund deren Berühmtheit nicht heran getraut hatte. Am 15. Mai 1961 wurde auf dem Restgelände eine Mahn- und Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Faschismus eingeweiht. Der dritte Grabstein wurde 1988 zu einem Gedenkstein umgearbeitet. Die Jüdische Landesgemeinde ließ im November 2002 die Mauer des Restfriedhofs und das Geländer wieder herrichten.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 25.06.2016)
- http://www.alemannia-judaica.de/mecklenburg_vorpommern_friedhoefe.htm#Neustrelitz (MST)
- https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdischer_Friedhof_(Strelitz_Alt)
- Brocke, Michael / Ruthenberg, Eckehart / Schulenburg, Kai Uwe: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin), Institut Kirche und Judentum, Berlin 1994
- Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998
- Hofmann, Peter: Jüdisches Leben in Mecklenburg-Strelitz, Steffen Verlag, Friedland/Mecklenburg 2007