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Krakow am See

Zur jüdischen Geschichte von Krakow am See


Wann die ersten Juden in der Stadt Krakow am See in der ersten Phase der jüdische Besiedlung Mecklenburgs sesshaft wurden, ist nicht überliefert. Sie müssen sich jedoch schon vor 1325 hier angesiedelt haben, denn die Überlieferung der angeblichen Hostienschändung durch Juden in Krakow am See im Jahre 1325 belegt deren Existenz in der Stadt. Ob und in welchem Umfang danach noch Juden in Krakow wohnten, lässt die Begebenheit allerdings offen. Spätestens mit der Vertreibung der Juden nach der Sternberger Hostienschändung von 1492 und der Vertreibung aller Juden aus Mecklenburg gab es dann auch in Krakow keine Juden mehr.

Aus der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung ist in Krakow eine Ansiedlung von Juden seit mindestens 1756 durch Nachweise gesichert: So werden in einer Steuerliste die ersten Schutzjuden von Krakow aufgeführt, darunter Arend Moses, der sein Privileg am 27. Januar 1756 erhalten und dafür 12 Reichstaler zu zahlen hatte, später ab dem 1. Januar 1759 für ein Jahr nach Tessin ging, sein beweibter, namentlich nicht genannter Knecht, der sein Privileg am 25. Mai 1756 erhalten hatte und dafür ebenfalls 12 Reichstaler Recognitionsgeld entrichtete, sich in Krakow aber nur bis 1759 aufhielt und dann nach Schwaan verzog, ein David Jochim mit seinem Privileg vom 27. Januar 1756 und dessem Knecht, die beide gleichfalls 12 Reichstaler zu zahlen hatten und schließlich David Hirsch, der sich aber zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuerliste in Goldberg aufhielt.

In der Folgezeit wuchs die jüdische Gemeinde von Krakow durch Familienzuzug noch weiter.

Die durch das Emanzipationsedikt von 1813 geforderte Meldung zur Annahme erblicher Familiennamen erfolgte in Krakow im Jahr 1813. Dabei wurde folgende Familiennamen übermittelt: Ahrens, Herzfeld, Blumenreich, Hirschfeld, Lilienthal, Marcus, Rosenbaum, Rosenberg und Wulff.

1820 errichtete der Maurermeister Behl auf seinem Hof ein Gebäude nach den Vorstellungen der jüdischen Gemeinde, die dieses dann als Synagoge und Mikwe nutzten und dafür Miete zahlten. Ein Jahr später, im Jahr 1821, erwarb die jüdische Gemeinde von der Stadt einen Begräbnisplatz auf dem Friedhof an der Plauer Chaussee. Wie in vielen anderen jüdischen Gemeinden Mecklenburgs kann die Frage, wo zuvor die Toten dann eigentlich bestattet wurden, auch hier nicht mehr beantwortet werden.

Einer Schutzjudenliste von 1824 zufolge hatten in diesem Jahr in Krakow einen Schutzbrief für die Stadt Abraham Hirsch Lilienthal, Bendix Israel, Benjamin Nathan, Salomon Feldtmann, Moses Franz Herzfeldt, Jacob Marcus, Salomon Israel, die Witwe des Ruben Michel Blumenreich Wolff David Rosenberg und Levi Salomon Wolffsohn.

Wie alle anderen Israelitischen Gemeinden von Mecklenburg erhielt auch die jüdische Gemeinde gegen Mitte des 19. Jahrhunderts, hier am 19. Januar 1845, eine landesherrliche Gemeindeordnung.

Die alte Synagoge wurde nach einer Vertragsverlängerung nur bis etwa 1862 genutzt und schließlich zu Ostern 1864 gekündigt. In der Anschlusszeit wurden zunächst private Zimmer als Ersatzbeträume angemietet. Nach einem Spendenaufruf im Jahr 1863 kam es auf der Grundlage eines Gemeindebeschlusses im Jahr 1865 auf einem von der Stadt angekauften Grundstücks zum Bau eines neuen Synagogengebäudes, das am 12. Dezember 1866 feierlich eingeweiht wurde.

Wie überall in Mecklenburg begann auch die Krakower Gemeinde mit Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgrund der Abwanderung und Emigration zu schrumpfen. Bereits 1890 war die Gemeinde mit ihren 65 Mitgliedern deshalb nicht mehr in der Lage, die Unterhaltungskosten für die Synagoge aufzubringen. 1891 bat der Gemeindevorstand daher das Innenministerium um einen Zuschuss zur Erhaltung der Synagoge und der Bezahlung des Kultusbeamten. Schon 1900 waren von 2005 Einwohner Krakows nur noch 43 Juden, was sich bis 1910 nochmals auf 22 Personen reduzierte. 1912 wurde deshalb zur Finanzierung des Friedhofs und der Synagoge nach dem Auszug des Religionslehrers I. Steinbrock dessen ursprüngliche Wohnung in der Synagoge an einen Krakower Bürger vermietet. Wie viele jüdische Gemeinden war auch die Israelitischen Gemeinde von Krakow 1919 letztlich überschuldet und plante deshalb gezwungenermaßen den Verkauf der Synagoge, der nur ein Jahr später erfolgte. 1926 bat die Gemeinde Güstrow beim Israelitischen Oberrat um Genehmigung des Anschlusses der Krakower Gemeinde. Nach dem Tod von Benno Nathan, dem letzten Gemeindevorsteher, löste sich die Gemeinde 1930 auf. Erst 1933 jedoch erklärte der Israelitsche Oberrat die Gemeinde für offiziell aufgelöst. Die verbliebenen sechs Mitglieder schlossen sich der Güstrower Gemeinde an.

Im Mai 1936 starb die letzte jüdische Bürgerin der Stadt, Rosa Feldmann. Sie wohnte am Markt im Haus Nr. 15, in dem sie ein kleines Handelsgeschäft betrieb. Damit endete die jüdische Geschichte Krakows. Doch erst am 14. Februar 1942 erklärte sich Krakow für „judenfrei“.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 25.09.2015)
Quellen:

  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Wichern-Verlag, Berlin 1992
  • Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
  • Chronik der Synagoge in Krakow am See, Kulturverein „Alte Synagoge“ Krakow am See e. V., Informationsblatt
  • Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998
  • Francke, Norbert / Krieger, Bärbel: Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg: Mehr als 2000 jüdische Familien aus 53 Orten der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im 18. und 19. Jahrhundert. Schriften des Vereins für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e. V., Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V., Schwerin 2001
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 2.12-4/5, Nr. 632, 665, 667
  • Luftkurort Krakow am See, Kulturverein „Alte Synagoge“ Krakow am See e. V., Informationsbroschüre
  • Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg, Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, Braunschweig 2010

Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Krakow am See


Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Krakow am See

Familien mit Bezug zu Krakow am See


Aaron, Abraham, Ahrend, Ahrens, Arons, Ascher, Bayer, Bendix, Benjamin, Bernhard, Bernhard, Blumenreich, Blumenthal, Bragenheim, Burgheim, David, Dähling, Ehrenberg, Feldmann, Galizien/Galitzien, Goldstein, Goth, Haym, Heimann, Herzfeld, Hirsch, Jacob, Jacobson, Jankelowitz, Knüppel, Ladewig, Lastmann, Lastmann, Liepmann, Lilienthal, Lion, Löser, Löwenstein, Majerson, Marcus, Marcussohn, Meyer, Meyerson, Moses, Nathan, Pincus, Rademacher, Rosenbaum, Rosenberg, Rosenthal, Ruben, Rudorff, Salomon, Samuel, Schlachter, Schult, Steinbrock, Sussmann, Ulbricht, Wolfson, Wulff/Wolff, Wulffless, Zossenheim

Persönlichkeiten


Bekannte Holocaust-Opfer (11)


  • Albert Bernhard
  • Ella Bernhard geb. Rosenthal
  • Ina Dähling geb. Feldmann
  • Margarete Haym geb. Feldmann
  • Friedrich Jankelowitz
  • Alice Lastmann geb. Wolfson
  • Liselotte Nathan
  • Ella Nathan
  • Jenny (Lea) Rudorff von geb. Bernhard
  • Paul Wolfson
  • Alexander Wolfson

Museen/Ausstellungen


Veröffentlichungen zu den Juden von Krakow am See


Publikationen


  • Mercantilisches Addreßbuch der Großherzogthümer Meckl.-Schwerin u. -Strelitz, worin: die Addressen der Magistratspersonen der Städte, der weltlich obrigkeitlichen Beamten der Flecken, der Accise- und Postbeamten, fremden Consuls, Advocaten, Apotheker, Kaufleute, Fabrikanten, Manufacteurs, Buchhändler, Gasthofinhaber und anderer dazu qualificirende Handels- oder industrielle Geschäfte treibende Leute in den Großherzopthümern, wie auch: bei jedem entsprechenden Orte Angabe seiner Wolkszahl, Meilenzeiger, Notizen über Schiffs-, Fuhrgelegenheiten etc.
  • Adreßbücher über und für den Gewerbe- und Handelsstand der Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Strelitz
  • Chronik der Synagoge in Krakow am See
  • Luftkurort Krakow am See
  • Raum, Carlotta / AG „1000 Jahre Mecklenburg“ beim Landkreis Güstrow: Aus der Geschichte der Mecklenburger Juden: Krakow am See, Bützow, Laage, Teterow, Güstrow ; eine Ausstellung des Landkreises Güstrow zum Jubiläum „1000 Jahre Mecklenburg“
  • Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg
  • Die ehemalige Synagoge Krakow am See
    In: Die Dorf-, Stadt- und Klosterkirchen im Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide und seinem Umfeld, Aus Kultur und Wissenschaft, Schriftenreihe des Landesamtes für Forsten und Großschutzgebiete Mecklenburg-Vorpommern Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide und den Förderverein Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide e.V., Heft 3 (2003), S. 84, 85
  • Kreibig, Robert: Land- und Kleinstadtsynagogen: Zwischen Gedenkstätte, Kultur- und Lernort
    In: Zeitgeschichte regional, Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern, Heft 1/2002, S. 91-93
  • Struck, Hanna: Juden in Mecklenburg-Vorpommern: Geschichte und Gegenwart
    In: Romberg, Otto R. / Urban-Fahr, Susanne (Hrsg.): Juden in Deutschland nach 1945: Bürger oder „Mit“-Bürger?, Tribüne-Verlag, Frankfurt am Main 1999, S. 108-117
  • Voß, Gerhard: Jüdische Friedhöfe in Mecklenburg – eine Bestandsaufnahme
    In: Studienhefte zur Mecklenburgischen Kirchengeschichte, Heft 1 (1993), S. 5-15
  • Wagner, Almuth: Krakow am See
    In: Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998, S. 142-151
  • Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen
  • Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg
  • Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich: ein Handbuch zur Stadtentwicklung im Nationalsozialismus, ergänzt durch ein biographisches Lexikon der Bürgermeister, Stadträte und Ratsherren
  • Diekmann, Irene: Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern

Dokumente mit Bezug zu den Juden von Krakow am See


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Beschreibung Zeitpunkt/Zeitraum Typ
Auszug aller privilegirten Juden und was selbige Laut der, mittelst Herzoglich Verordnung vom 20. Septbr. 1760 Communicirten Specification An Schutz-Geld Zur Herzoglich. Renterey von Anno 1749 bis zum Termino Trinitatis 1760 bezahlet haben, und darauf nach infinuation gedachter Specification, nemlich den 1ten Octobr. 1760 Restiren. 1749-1760 Transkript
General-Verzeichniß der in den Städten des Großherzogthums Mecklenburg Schwerin privilegirten sämmtlichen Schutz-Juden 3. Januar 1825 Transkript