Plau am See
Zur jüdischen Geschichte von Plau am See
Aus der Phase der jüdischen Erstbesiedlung im Mittelalter sind für die Stadt Plau am See keine Informationen überliefert. Die jüdische Geschichte der Stadt Plau während der Phase der Neuansiedlung in Mecklenburg begann bereits um 1753. Am 15. Februar 1753 erhielten die ersten beiden bekannten Schutzjuden von Plau, Samuel Salomon und Samuel Wulff, ihr Privileg für die Stadt Plau, für dieses sie jeweils 12 Reichstalern Recognitionsgeld zu zahlen hatten. Von Ersterem ist bekannt, dass er Plau jedoch schon nach 1755 verließ und nach Schwerin ging.
Ebenfalls im Jahr 1755 wurde von Schutzjuden ein kleines Gelände am Klüschenberg von der Stadt gepachtet und darauf der erste jüdische Friedhof von Plau angelegt. Dieser wurde später mehrfach vergrößert und wurde mit einer Unterbrechung von 1936 bis Kriegsende insgesamt bis 1951 genutzt
Schon im Jahr 1759 kamen zwei weitere Schutzjuden hinzu: Heinemann Salomon, der laut Privileg vom 16. Oktober 1759 12 Reichstalern Schutzgeld und der namentlich nicht erwähnte zukünftige Ehemann einer Michelle Mendels, der sein Privileg am 23. Juli 1759 erhalten hatte und gleichfalls 12 Reichstalern dafür zu zahlen hatte. 1761 siedelte sich der Schutzjude David Salomon an. Aufgrund späterer Listen müssen sich hier noch im 18. Jahrhundert weitere Schutzjuden niedergelassen haben.
Um 1810 lebten etwa 53 Juden in Plau. Eine Schutzjudenliste vom 28. Juni 1811 wies dann insgesamt sieben Schutzjuden aus: Benjamin Lazarus, Simon Lazarus, Raphael Levin, Loser Levin, Aaron Jacobs, Joseph Jacobs und Salomon Hirsch. Nicht aufgeführt waren dort allerdings ihre Familienmitglieder.
Bei der Annahme der erblichen Familiennamen im Jahr 1813 wurden über Plau am See die Namen Arenson, Cohn, Elkan, Fraiswald, Goldschmidt, Heymann, Lazarus, Levin und Löser gemeldet.
Eine weitere Schutzjudenliste von 1824 wies nunmehr insgesamt 15 Inhaber eines Privilegs aus: Elcan Thies Witwe, Hirsch Cohn, Abraham Marcus, Caspar Goldschmidt, Koppel Heinemann, Raphael Levin, Aaron Cohn, Joseph Cohn, Levin Löser, Simon Lazarus, Adolph Arenson, Israel Louis, Jacob Ahrendt Jaffe, Nathan Elcan und einen Benjamin Lazarus.
Die erste nachweisbare Synagoge befand sich auf dem Grundstück Auf dem Eichenberg 13, das im Januar 1792 von der jüdischen Gemeinde gekauft worden war. Ein zweites Gebäude, das als Synagoge bis ca. 1840 genutzt wurde, befand sich in der Scharrenstraße. Am 23. Oktober 1840 wurde ein eigens als Synagoge erbautes Gebäude in der heutigen Strandstraße 10 eingeweiht.
Am 19. August 1840 wurde für die Israelitische Gemeinde von Plau eine Gemeindeordnung landesherrlich erlassen und offiziell am 4. Januar 1841 bestätigt.
Wohl um 1860 war der zahlenmäßige Höhepunkt der Gemeinde mit etwa 70 ansässigen Juden, nahm dann aber wegen der durch die Industrialisierung bedingten Landflucht und dem Wegzug von Gemeindemitgliedern ab. Wie viele andere Israelitische Gemeinden in Mecklenburg bestand die Plauer Gemeinde deshalb zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur noch auf dem Papier. Schon 1916 wurden deshalb die Gemeindeunterlagen wie Protokollbücher, Geburtenlisten Kassenbücher, Gemeindeakten nach Güstrow gebracht. Am 14. April 1920 wurde die Synagoge verkauft. Am 5. August 1920 bestimmte das Ministerium für Geistliche Angelegenheiten, dass die Kultusgegenstände der sich auflösenden Gemeinde ebenfalls nach Güstrow gebracht werden sollen. Der Israelitische Oberrat beschloss am 28. April 1921, die Gemeinde von Plau schließlich aufzulösen. Der Verkauf der Synagoge erfolgte am 14. April 1920. 1922 wurde die Gemeinde offiziell aufgelöst und der Friedhof der Landesgemeinde übertragen.
Über das Schicksal der jüdischen Bewohner von Plau während der Zeit des Nationalsozialismus sind derzeit zu wenige Informationen verfügbar und bedürfen einer weiteren Erforschung.
(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 23.09.2015)
- http://www.amtplau.de/verzeichnis/objekt.php?mandat=38246
- Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 1994
- Francke, Norbert / Krieger, Bärbel: Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg: Mehr als 2000 jüdische Familien aus 53 Orten der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im 18. und 19. Jahrhundert. Schriften des Vereins für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e. V., Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V., Schwerin 2001
- Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 2.12-4/5, Nrn. 241, 632, 665
- Ruchhöft, Bernd: Damit die Erinnerung bleibt: 1753-1938: 185 Jahre jüdisches Leben in Plau am See, unveröffentlichtes Manuskript, Plau am See 2009
- Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg, Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, Braunschweig 2010
Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Plau am See
Familien mit Bezug zu Plau am See
Abraham, Arenson, Aron, Arons, Aronsohn, Behrens, Bernhard, Blumenthal, Bragenheim, Burgheim, Cohn, Elkan, Fraiswald, Goldschmidt, Heine, Hesse, Heymann, Hirsch, Horwitz, Israel, Jacob, Jaffe, Joel, Keibel, Koppel, Lazarus, Levin, Louis, Löser, Marcus, Meinrath, Meyer, Michael, Müller, Nathan, Pollack, Rosenberg, Rubensohn, Salomon, Samuel, Samuel, Simon, Steinmann, Tobias, Werramoi, Wolff, Wolffenstein
Bekannte Holocaust-Opfer (2)
- Carl Otto Hirsch
- Max Rosenberg
Veröffentlichungen zu den Juden von Plau am See
Publikationen
- Adreßbücher über und für den Gewerbe- und Handelsstand der Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Strelitz
- Mercantilisches Addreßbuch der Großherzogthümer Meckl.-Schwerin u. -Strelitz, worin: die Addressen der Magistratspersonen der Städte, der weltlich obrigkeitlichen Beamten der Flecken, der Accise- und Postbeamten, fremden Consuls, Advocaten, Apotheker, Kaufleute, Fabrikanten, Manufacteurs, Buchhändler, Gasthofinhaber und anderer dazu qualificirende Handels- oder industrielle Geschäfte treibende Leute in den Großherzopthümern, wie auch: bei jedem entsprechenden Orte Angabe seiner Wolkszahl, Meilenzeiger, Notizen über Schiffs-, Fuhrgelegenheiten etc.
- Arlt, Klaus / Beyer, Constantin / Ehlers, Ingrid / Etzold, Alfred / Fahning, Kerstin Antje: Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen
- Borchert, Jürgen / Klose, Detlef: Was blieb... Jüdische Spuren in Mecklenburg
- Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich: ein Handbuch zur Stadtentwicklung im Nationalsozialismus, ergänzt durch ein biographisches Lexikon der Bürgermeister, Stadträte und Ratsherren
- Ruchhöft, Bernd: Damit die Erinnerung bleibt: 1753-1938: 185 Jahre jüdisches Leben in Plau am See
- Vormann, Heidemarie Gertrud: Bauhistorische Studien zu den Synagogen in Mecklenburg
- Voß, Gerhard: Jüdische Friedhöfe in Mecklenburg – eine Bestandsaufnahme
In: Studienhefte zur Mecklenburgischen Kirchengeschichte, Heft 1 (1993), S. 5-15
Dokumente mit Bezug zu den Juden von Plau am See
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Beschreibung | Zeitpunkt/Zeitraum | Typ |
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Auszug aller privilegirten Juden und was selbige Laut der, mittelst Herzoglich Verordnung vom 20. Septbr. 1760 Communicirten Specification An Schutz-Geld Zur Herzoglich. Renterey von Anno 1749 bis zum Termino Trinitatis 1760 bezahlet haben, und darauf nach infinuation gedachter Specification, nemlich den 1ten Octobr. 1760 Restiren. | 1749-1760 | Transkript |
Berichte der örtlichen Steuerstuben zu Knechten der ansässigen Schutzjuden auf Anforderung der Steuer-Policey- und städtischen Cämmerey-Commißion zu Güstrow vom 18. Juni 1811 | 1811 | Zusammenfassung |
General-Verzeichniß der in den Städten des Großherzogthums Mecklenburg Schwerin privilegirten sämmtlichen Schutz-Juden | 3. Januar 1825 | Transkript |