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Dassow

Zur jüdischen Geschichte von Dassow


Die heutige Stadt Dassow wurde erst 1938 zur Stadt erhoben. Mit einer jüdischen Bevölkerung während des Mittelalters dürfte hier daher kaum zu rechnen sein.

Wann sich die ersten Schutzjuden in Dassow in der Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung niederlassen durften, liegt derzeit im Dunkeln. Bereits der Ort taucht folgerichtig nicht in der landesweiten, den gesamten Zeitraum von 1749 bis 1760 abdeckeckenden Schutzjudenliste aus dem Jahr 1760 auf, da damals Schutzjuden üblicherweise nur für Landstädte Privilegien verliehen wurden. Auch in den späteren überregionalen Schutzjudenlisten von 1811 und 1824/25 wird der Ort daher nicht einmal erwähnt. Darüber hinaus gibt es auch keine Hinweise auf eine jemals existierende Meldeliste der angenommenen erblichen Familiennamen bei den hiesigen Juden, soweit diese hier überhaupt schon ansässig waren, die das 1813 erlassene Emanzipationsedikt von allen Mecklenburger Juden gefordert hatte.

Ungeachtet der geringen Bedeutung des Marktfleckens hat es jedoch schon in recht früher Zeit nach der jüdischen Wiederbesiedlung Mecklenburgs zumindest einen Schutzjuden gegeben. Dieser derzeit früheste Nachweis für einen jüdische Einwohner in Dassow entstammt der Volkszählungliste von 1819. Danach war hier seit etwa 1817 der Handelsmann Levi Lion ansässig, der zuvor 1789 in Rehna geboren worden war. Er war damals auch der einzige Jude im Ort, verließ aber später Dassow und wohnte dann spätestens 1825 in Lübeck.

Über etwaige nachfolgende jüdische Familien ist wenig bekannt. Der Magistrat von Grevesmühlen meldete 1911 zwar offiziell, dass im Nachbarort Dassow keine Juden wohnen würden und dort auch seit Jahren nicht gewohnt hätten, jedoch dürften Zweifel bei dieser Aussage angebracht sein. Bis mindestens 1919 lebte in der Mühlenstraße 184 eine Ida Schwop geb. Aron, die 1848 in Dassow geboren worden war und einer jüdischen Familie entstammte. Ihr Ehemann war vermutlich Nicht-Jude und sie selbst möglicherweise getauft, was dann die Aussage des Grevesmühlener Magistrats erklären würde. Sie verstarb 1929 in Schwerin.

In Dassow hat es nie einen jüdischen Friedhof oder eine Synagoge gegeben. Aufgrund der wenigen jüdischen Einwohner, die wohl jeweils auch nicht sehr lange ansässig blieben, sollte hier nie eine körperschaftlich eigenständige jüdische Gemeinde bestanden haben. Zumindest Levi Lion dürfte Mitglied der Rehnaer Gemeinde gewesen sein. Ob es zur Machtergreifung der Nationalsozialisten noch Personen in Dassow gab, die nach nationalsozialistischen Kriterien als Juden galten, bedarf noch weiterer Klärung.

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(Gramenz, Jürgen / Ulmer, Sylvia - 20.06.2017)
Quellen:

  • Francke, Norbert / Krieger, Bärbel: Die Familiennamen der Juden in Mecklenburg: Mehr als 2000 jüdische Familien aus 53 Orten der Herzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im 18. und 19. Jahrhundert. Schriften des Vereins für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e. V., Verein für jüdische Geschichte und Kultur in Mecklenburg und Vorpommern e.V., Schwerin 2001
  • Landeshauptarchiv Schwerin: Rep. 2.12.-4/5, Nr. 241, 632, 665 (Judenangelegenheiten); Rep. 5.12-7/1, Nr. 9057 (Judenangelegenheiten Mecklenburg-Strelitz)
  • Projekt Juden in Mecklenburg: Gesamtstammbaum der Mecklenburger Juden (GEDCOM)

Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Dassow


Jüdische Bevölkerungsentwicklung in Dassow

Familien mit Bezug zu Dassow


Aron, Lion, Schwop

Veröffentlichungen zu den Juden von Dassow


Publikationen


  • Adreßbücher über und für den Gewerbe- und Handelsstand der Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Strelitz
  • Mercantilisches Addreßbuch der Großherzogthümer Meckl.-Schwerin u. -Strelitz, worin: die Addressen der Magistratspersonen der Städte, der weltlich obrigkeitlichen Beamten der Flecken, der Accise- und Postbeamten, fremden Consuls, Advocaten, Apotheker, Kaufleute, Fabrikanten, Manufacteurs, Buchhändler, Gasthofinhaber und anderer dazu qualificirende Handels- oder industrielle Geschäfte treibende Leute in den Großherzopthümern, wie auch: bei jedem entsprechenden Orte Angabe seiner Wolkszahl, Meilenzeiger, Notizen über Schiffs-, Fuhrgelegenheiten etc.
  • Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Die Städte Mecklenburgs im Dritten Reich: ein Handbuch zur Stadtentwicklung im Nationalsozialismus, ergänzt durch ein biographisches Lexikon der Bürgermeister, Stadträte und Ratsherren